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Zentralasien: Radioaktive Gefahr im Fergana-Tal

5. Mai 2006

Die aus der Sowjetzeit stammenden Halden radioaktiver Abfälle in Kirgisistan und Tadschikistan könnten eine Umweltkatastrophe auslösen. Die Sicherung der Lagerstätten ist ein Problem, das dringend gelöst werden muss.

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Nukleare Abfälle als Bedrohung

In ganz Kirgisistan gibt es mehr als 30 Lagerstätten mit radioaktiven und toxischen Abfällen. Einige der Halden befinden sich sogar am Issyk-Kul-See. Aber die größte Gefahr geht von 23 Lagerstätten im Süden des Landes nahe der Stadt Majli-Suu aus. Ihr Zustand habe sich in den vergangenen 15 Jahren deutlich verschlechtert, sagte der Deutschen Welle Anarkul Ajtalijew vom kirgisischen Katastrophenschutzministerium: „Man muss sich um die Uran- und Gifthalden besonders kümmern, um eine Katastrophe zu verhindern, die eine radioaktive Verseuchung des Fergana-Tals und Kirgisistans zur Folge haben könnte. Die Regierung und unser Ministerium arbeiten an konkreten Problemen. Alles wird ständig überwacht. Aber um Sanierungsarbeiten durchführen zu können, reichen erstens die Mittel nicht aus und zweitens müssen spezialisierte Organisationen die Projekte umsetzen. Solche Organisationen gibt es leider in Kirgisistan nicht.“

Unterstützung durch Weltbank

Hilfe bei der Sanierung von Uran-Lagerstätten in Kirgisistan bieten das Ausland, aber auch internationale Organisationen an. Die Weltbank stellte für diese Zwecke mehr als zehn Millionen Dollar bereit. Im Jahr 2005 wurden die Lagerstätten nahe Majli-Suu inspiziert. Danach wurde ein Sanierungsplan erstellt. Ajtalijew vom kirgisischen Katastrophenschutzministerium sagte, dieses Jahr seinen die ersten Maßnahmen angelaufen: „Im Gebiet Majli-Suu gibt es etwa 200 Erdrutsche, von denen die Lagerstätten bedroht werden. An dem ersten Objekt wird ein Teil eines Erdrutsches beseitigt. Das nächste Projekt ist die Befestigung des Ufers von Flüssen, die sich in der Nähe von Lagerstätten befinden. Mit dem Weltbank-Projekt werden großangelegte Maßnahmen umgesetzt.“

Lage in Tadschikistan kritisch

Auf die Hilfe ausländischer Geldgeber hofft man auch in Tadschikistan. Besonders im Gebiet Sogdi ist der Zustand der strahlenden Lagerstätten kritisch. Der dortigen Bevölkerung droht ständig radioaktive Belastung. In der Region befinden sich zehn Halden, an denen in den vergangenen 20 Jahren keine Maßnahmen durchgeführt wurden, um sie vor äußeren Einflüssen zu schützen. Deswegen sind durch Wind und Wasser radioaktive Abfälle inzwischen an die Erdoberfläche gelangt. In der Nähe einiger Halden beträgt die radioaktive Strahlung das 70fache der zulässigen Werte. Die dort lebenden Menschen mähen direkt auf den Halden Gras, weiden dort ihr Vieh, sammeln Lehm und Sand für den Bau ihrer Häuser. Warnschilder gibt es dort längst keine mehr.

Sanierung erst im Planungsstadium

Seit vielen Jahren fordern Ökologen die Sanierung der Lagerstätten. Auch internationale Organisationen wissen von den Problemen. Aber mit jedem Jahr verschlimmert sich der Zustand der Halden. Dschalil Busrukow vom staatlichen Umweltschutzkomitee Tadschikistans meint, die Probleme blieben deswegen ungelöst, weil die bei der Akademie der Wissenschaften angesiedelte Agentur für Nuklear- und Strahlensicherheit die Arbeit nicht koordiniere. Busrukow sagte der Deutschen Welle: „Uns liegen keine genauen Studien vor. Derzeit arbeiten wir erst an Vorschlägen zur Sanierung unserer Lagerstätten. Die Aufgaben sind nicht aufgeteilt: Was wird das Katastrophenschutzministerium, das Umweltschutzkomitee, das Gesundheitsministerium und die Behörden vor Ort machen? Letztendlich behindert dies ausländische Geldgeber, die helfen wollen.“

Kirgisistan ist Tadschikistan voraus

Im Norden Tadschikistan lagern mehr als 50 Millionen Tonnen radioaktiver Abfälle. Für die Sanierung der Lagerstätten werden zig Millionen Dollar benötigt. Im benachbarten Kirgisistan war die Situation von Anfang an schwieriger, denn dort lagern noch mehr Abfälle. Aber im Unterschied zu Tadschikistan hat Kirgisistan bei der Eindämmung der radioaktiven Gefahr größeren Fortschritt erzielt. Die kirgisische Regierung setzt seit langem ein staatliches Programm zur Sanierung der strahlenden Lagerstätten um. In Tadschikistan gibt es hingegen bis heute kein Programm und keine Projekte.

Witalij Katargin, Nigora Buchari-sade

DW-RADIO/Russisch, 3.5.2006, Fokus Ost-Südost