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Zemans Äußerungen in Israel stoßen bei EU und Palästinensern auf heftige Kritik

21. Februar 2002

– Tschechischer Ministerpräsident fühlt sich missverstanden

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Prag, 19.2.2002, RADIO PRAG, deutsch

Der Besuch von Bundesaußenminister Joschka Fischer am heutigen Mittwoch (20.2.) in Prag ist von umstrittenen Äußerungen des tschechischen Ministerpräsidenten Milos Zeman belastet. Dieser hat nach Angaben der israelischen Tageszeitung "Haaretz" vom Montag (18.2.) Palästinenserpräsident Jassir Arafat mit Adolf Hitler verglichen. Außerdem habe er Israel mit Hinweis auf die Vertreibung der Sudetendeutschen aus der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg empfohlen, die Palästinenser ebenfalls zu vertreiben. Die EU übte am Dienstag (19.2.) ebenso wie der tschechische Präsident Vaclav Havel und Vertriebenenverbände scharfe Kritik an Zeman. Der tschechische Regierungschef sprach am Dienstag von einem Missverständnis. In dem auf Englisch geführten Interview habe er "verlassen" statt "vertreiben" sagen wollen. Damit habe er in der Diskussion um eine Friedenslösung im Nahen Osten unterstreichen wollen, dass unnachgiebige Politiker den Verhandlungstisch verlassen sollten, sagte der 57-Jährige. Der Hitler-Vergleich sei durch einen von "Haaretz" falsch gesetzten Punkt zu Stande gekommen. Und weiter heißt es in der Erklärung, "nach der Veröffentlichung meines Interviews in den israelischen Medien habe ich zu meiner Überraschung festgestellt, dass meine Worte nicht im Einklang mit den Gedanken sind, die ich versucht habe während meines Israelbesuchs darzulegen.

Wegen des Interviews hatte sich die EU am Dienstag von Zeman distanziert. EU-Kommissar Günter Verheugen ließ durch seinen Sprecher an die Adresse des EU-Kandidatenlandes Tschechien verkünden, dies sei nicht, was man von einem EU-Land erwarte. CTK meldete unter Berufung auf das deutsche Außenministerium, dass Joschka Fischer bisher weiterhin beabsichtige, den für Mittwoch (20.2.) angesetzten Tschechienbesuch anzutreten. Der geplante Besuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder zum fünften Jahrestag der gemeinsamen Aussöhnungs-Erklärung im März in Prag scheint jedoch in Frage gestellt. Ob Schröder angesichts der jüngsten Verstimmungen nach Tschechien reise, sei offen, hieß es am Dienstag.

Staatspräsident Havel betonte am Dienstag, er sei über das "Haaretz"-Interview "tief beunruhigt". Es sei unzulässig, unterschiedliche historische Erfahrungen aus dem Zusammenhang zu reißen. Der stellvertretende Regierungsvorsitzende Vladimir Spidla ließ verlauten, die Aussage Zemans stehe nicht für die Regierungspolitik der Tschechischen Republik. Außenminister Jan Kavan bekräftigte am späteren Nachmittag, dass sich an der tschechischen Nahostpolitik nichts ändern werde und dass er froh sei, dass Zeman das Zustandekommen seiner widersprüchlichen Aussagen erläutert hätte. (fp)