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Zehntausende in Mali auf der Flucht

Marcus Lütticke1. Februar 2013

Abgeriegelte Zufahrtsstraßen, leere Märkte, kein Strom, keine Telefonverbindungen. Das Kriegsgebiet in Mali ist von der Außenwelt abgeschnitten. Hilfe ist zurzeit nur aus dem Süden und den Nachbarländern möglich.

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Pick-up mit Flüchtlingen in Mali (Foto: picture-alliance/dpa)
Flüchtlinge in MaliBild: picture-alliance/dpa

Im November 2012 sprach das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) noch von einer "vergessenen Krise". Mehr als 400.000 Menschen waren damals schon auf der Flucht in Mali. Rund die Hälfte von ihnen suchte innerhalb des Landes Zuflucht, die andere Hälfte hatte bereits die Grenze zu Nachbarstaaten wie Mauretanien, dem Niger und Burkina Faso überquert. In die Nachrichten schaffte es dieses Thema aber nicht. Die Weltöffentlichkeit war mit anderen Konfliktherden beschäftigt, die humanitäre Krise in einem der ärmsten Länder der Welt wurde kaum wahrgenommen.

"Vergessene Krise" nun im Fokus

Das hat sich mit dem französischen Militäreinsatz deutlich verändert. "Seit der Intervention der Franzosen am 11. Januar haben etwa 18.000 Flüchtlinge das Land verlassen", sagt William Spindler, Sprecher des UNHCR im Gespräch mit der Deutschen Welle. Er ist seit einer Woche in der malischen Hauptstadt Bamako und beobachtet von dort die Lage.

Portrait von William Spindler, Sprecher des UNHCR (Foto: UNHCR/G. Gordon)
William Spindler, Sprecher des UNHCRBild: UNHCR/G. Gordon

Frei bewegen dürfen sich die UN-Mitarbeiter im Land nicht. Erst seit wenigen Tagen dürfen sie auch in die nördlich der Hauptstadt gelegenen Städte Segou und Mopti fahren. Der Norden des Landes ist jedoch weiterhin abgeriegelt und für UN-Mitarbeiter nicht zugänglich.

UN darf nicht in den Norden

"Die Situation im Norden Malis ist kritisch", so Spindler. "Es gibt nicht genügend Nahrungsmittel. Wir haben gehört, dass die Märkte leer sind, weil es keine offenen Straßenverbindungen mehr gibt. Die Grenze zu Algerien, wo Produkte herkamen, ist geschlossen. Einige Geschäfte wurden auch geplündert. Es gibt keine funktionierende Stromversorgung, keine öffentlichen Verkehrsmittel und die Telefonverbindungen sind gekappt."

Flüchtlinge, die in den Süden Malis kommen, sind zwar in Sicherheit, ihre Situation ist aber dennoch sehr schlecht. Es fehlen zentrale Auffanglager, die Flüchtlinge verteilen sich über die Hauptstadt Bamako, suchen bei Verwandten Unterschlupf oder übernachten in den Moscheen.

Traumatisierte Flüchtlinge

Medizinische Hilfe gibt es unter anderem von der Organisation "Ärzte der Welt", die sich seit Jahren in Mali engagiert. Sie ist als eine der wenigen auch noch im Norden des Landes aktiv. Durch die Flüchtlinge hat sich die Arbeit der Ärzte vor Ort deutlich verändert. "Wir müssen jetzt viel mehr Menschen behandeln. Die Mangelernährung, insbesondere bei Kindern, hat sich verschärft. Die Flüchtlinge sind erschöpft und dehydriert, haben von den langen Märschen Wunden an den Füßen. Viele sind durch das, was sie gesehen und erlebt haben, traumatisiert", sagt Andreas Schultz, Gesamtleiter Deutschland von "Ärzte der Welt".

Portrait von Dr. Andreas Schultz, Direktor von "Ärzte der Welt" (Foto: Ärzte der Welt)
Dr. Andreas Schultz, "Ärzte der Welt"Bild: Ärzte der Welt

Nachbarstaaten sind überfordert

In den Nachbarländern von Mali, die zehntausende Flüchtlinge aufgenommen haben, wurden zentrale Aufnahmelager errichtet. Laut UNHCR sind die meisten Menschen nach Mauretanien, Burkina Faso und in den Niger geflohen. "Viele Flüchtlinge haben sich kurz hinter den Grenzen niedergelassen. Da wir die Gefahr sehen, dass der Konflikt sich auch in die Nachbarländer ausweitet, versuchen wir die Menschen von den Grenzen weg, weiter ins Landesinnere zu bringen", so William Spindler vom UNHCR.

Er fürchtet jedoch, dass die Nachbarländer mit dem Flüchtlingsstrom überfordert sind. "Die Länder in der Region leiden seit Jahren unter einer extremen Dürre. Es sind keine stabilen Staaten und wenn sie nicht viel mehr Hilfe bekommen, wird es zu einer weiteren Destabilisierung auch dieser Länder kommen." Eine Aufforderung an die Staatengemeinschaft, durch mehr Geld und Engagement vorbeugend auf die Sicherheitslage einzuwirken - bevor ein militärisches Eingreifen auch dort nötig wird.