Zähne zeigen in Ungarn
12. September 2008In einem schmucklosen Geschäftshaus in der ungarischen Stadt Sopron am Rande der Altstadt sind auf allen Etagen Zahnarztpraxen eingerichtet. Vor allem das Werbeschild von Dr. Peter Tóth fällt auf: Es ist apfelgrün, derselbe Farbton wie das Hemd des 33-Jährigen, der an diesem Vormittag ausnahmsweise eine einheimische Patientin begrüßt. Seine Landsleute aus Ungarn machen nur einen Bruchteil seiner Patienten aus. Die meisten sind Österreicher und kommen aus Wien, Innsbruck, Salzburg oder Linz.
Raus aus der Zahnfabrik
Tóth hat in Budapest Zahnmedizin studiert, dort jedoch keinen Job gefunden. Damals erinnerte er sich seiner Deutschkenntnisse und ging nach Sopron nahe der Grenze. Vier Jahre arbeitete er zunächst in einer großen Zahnklinik oder Zahnfabrik, wie er sagt. Dann, im Jahr 2003, machte er sich selbstständig. Derzeit verdient er durchschnittlich 5000 Euro brutto im Monat.
Patienten aus Österreich müssen einen Großteil der Kosten ihrer Zahnbehandlungen selbst tragen. Das Preisgefälle zwischen Österreich und Ungarn wirkt sich damit unmittelbar auf ihr Portemonnaie aus. Tóth schätzt, dass eine Zahnkrone in Österreich etwa 500 bis 800 Euro kostet. Bei ihm sei das wesentlich billiger. Durchschnittlich 200 Euro kostet in seiner Praxis eine Krone. Und wenn ein Patient beispielsweise 12 oder 14 neue Zähne in einem Kiefer braucht, kann er so viel Geld sparen.
Behandlung erster Klasse
So sieht das auch der Patient aus Wien, der jetzt bei Fehér Dentalteam im Behandlungsstuhl Platz genommen hat. Akos Fehérs Praxis liegt im Herzen der Altstadt Soprons. Ein repräsentativer Altbau, überaus freundliche Empfangsdamen servieren Kaffee und Wasser. An den Wänden hängen Kunstdrucke, aus Lautsprechern ertönt Entspannungsmusik. Patient Josef Egger vertraut seit Jahren auf ungarische Zahnärzte.
Er überlässt ihnen auch kompliziertere Eingriffe. Seinen jetzigen Zahnarzt hat er im Internet gefunden. Diesmal plant er eine Komplettsanierung im oberen Bereich. Egger wohnt in Wien und ärgert sich über die österreichischen Preise. Außerdem sei er hier mit dem Service zufriedener als in seiner Heimat.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Der Chef selbst, Akos Fehér, hat die Praxis zusammen mit drei Kollegen vor sechs Jahren eröffnet. Das große Thema sei derzeit ästhetische Zahnheilkunde, sagt der 50-Jährige. Um medizinisch auf dem Laufenden zu bleiben, nimmt er an vielen Fortbildungen teil. Die Konkurrenz fürchtet Fehér aber nicht: "Hier können auch 300 oder 500 Zahnärzte sein. Das ist nur gut für uns. Wir möchten einfach besser und besser werden.“
Der Zahntourismus nach Ungarn nimmt weiter zu. Inzwischen kommen immer mehr Patienten auch aus Großbritannien. Zahnarzt Tóth wird darauf reagieren und in diesem Jahr eine zweite Praxis in Budapest eröffnen. Die Leute aus England und Irland kämen gern nach Ungarn, berichtet er. Weil der Zahnarzt auch Englisch spricht, will er bald mit den gleichen Methoden und seiner zehnjährigen Facherfahrung englische Patienten behandeln.
Die Neukunden aus Großbritannien und Irland haben den ungarischen Arzt übrigens alle über das Internet gefunden. Vor dem ersten Bohren erwartet sie ein Werbegeschenk der besonderen Art: Peter Tóth wird zum Kennenlernen nach London fliegen.