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Zahl der Behandlungsfehler bleibt hoch

20. Mai 2015

Für Patienten kann es sich lohnen, dem Verdacht auf einen Behandlungsfehler nachzugehen. Gutachter der Krankenkassen stellten fest: Jeder vierte Verdachtsfall ist berechtigt. Und die Zahl der bestätigten Fehler steigt.

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Ein alter Mann im Rollstuhl in einem Pflegeheim (Archivfoto 2007, dpa)
Pflegeheime sind laut Gutachten besonders anfällig für BehandlungsfehlerBild: picture-alliance/ZB

Kranke und Pflegebedürftige in Deutschland beklagen weiterhin eine hohe Zahl medizinischer Behandlungsfehler. 14.663 Fehlervorwürfe hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) 2014 begutachtet, 78 mehr als im Vorjahr. Auch die Zahl der bestätigten Fehler stieg mit 3796 Fällen leicht an. Das geht aus der Jahresstatistik des MDK hervor, die in Berlin vorgestellt wurde. Darin fordert der Dienst eine neue Sicherheitskultur.

"Die Zahl der begutachteten Behandlungsfehlervorwürfe ist anhaltend hoch - insoweit können wir keine Entwarnung geben", sagte der stellvertretende Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes MDS, Stefan Gronemeyer. "Auch bei größter Sorgfalt passieren Fehler im Krankenhaus, in der Arztpraxis und in der Pflege. Uns geht es um einen offenen Umgang mit Fehlern, damit die Patienten entschädigt werden", so Gronemeyer. Zudem müssten die Fehler systematisch analysiert werden, damit sie in Zukunft vermieden werden könnten. Er empfahl daher, eine zentrale Registrierungsstelle für alle Behandlungsfehler in Deutschland einzurichten.

Knapp zwei Drittel der Vorwürfe betrafen demnach Behandlungen in Krankenhäusern, ein Drittel richtete sich gegen niedergelassene Ärzte. Die meisten Fehlervorwürfe bezogen sich auf chirurgische Eingriffe. 7845 Fälle stehen in direktem Zusammenhang mit Operationen. Ein Behandlungsfehler wurde in 24,3 Prozent der Fälle gutachterlich festgestellt.

Pflege besonders fehleranfällig

Wenn es um die Bestätigung von Behandlungsfehlern geht, ergibt sich jedoch eine andere Reihenfolge. Am häufigsten wurde ein Fehlervorwurf mit 57,8 Prozent in der Pflege bestätigt, gefolgt von der Zahnmedizin mit 39,2 Prozent und der Allgemeinchirurgie mit 27,5 Prozent.

Drei von 100 Menschen, die falsch behandelt wurden, starben. Knapp zwei Drittel erlitten einen vorübergehenden Schaden, gut ein Viertel eine dauerhafte Beeinträchtigung mit mittleren oder schweren gesundheitlichen Einschränkungen. Bei 41 Prozent der Patienten seien Beschwerden entstanden, weil sie keine Behandlung bekommen hätten. In 35 Prozent der Fälle habe der Arzt eine falsche Behandlung verordnet.

Hohe Dunkelziffer

Zugleich verwies der Medizinische Dienst darauf, dass die Zahlen nicht die Behandlungsqualität widerspiegelten, da sie nicht die Gesamtzahl der Behandlungen und Behandlungsfehler repräsentierten. Zudem sei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Außerdem seien Patienten oft nicht in der Lage oder können sich nicht entschließen, einem Fehlerverdacht nachzugehen.

Spezielle Gutachterteams in den MDK prüfen Vorwürfe von Behandlungsfehlern. Die Gutachter gehen dabei der Frage nach, ob die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard abgelaufen ist. Liegt ein Behandlungsfehler vor, wird außerdem geprüft, ob der Schaden, den der Patient erlitten hat, durch den Fehler verursacht worden ist. Nur dann sind Forderungen nach Schadensersatz aussichtsreich.

Umkehr der Beweislast verlangt

Angesichts der vermuteten Dunkelziffer kritisierte die Linkspartei eine hohe Zahl unregistrierter Fehler. Die Sprecherin der Bundestagsfraktion für Patientenrechte, Kathrin Vogler, forderte eine Beweislastumkehr. Bisher liegt es in der Zuständigkeit des Patienten, dem Arzt einen Fehler nachzuweisen.

Immer mehr Patienten gingen mittlerweile dem Verdacht auf einen ärztlichen Fehler nach. Das könnte mit dem vor zwei Jahren geänderten Patientenrechtegesetz zu tun haben, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jens Spahn (CDU). Es fördere einen offenen Umgang mit Behandlungsfehlern.

kle/stu (kna, afp, epd, dpa)