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Yunus will gegen Entmachtung kämpfen

3. März 2011

Weil er die zulässige Altersgrenze überschritten haben soll, entmachtete die Zentralbank in Bangladesch den Direktor der Grameen Bank, Muhammad Yunus. Doch damit möchte sich der Friedensnobelpreisträger nicht abfinden.

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Muhammad Yunus im Porträt (Foto: AP)
Muhammad YunusBild: AP

Der kleine Mann mit dem ewigen Lächeln im Gesicht will sich nicht beugen. Und vor Gericht gegen die Entmachtung kämpfen. Nach einer dreistündigen Anhörung an diesem Donnerstag (03.03.2011) kündigte das Gericht eine Entscheidung für Sonntag an. Einen Tag zuvor hatte die Zentralbank die Ablösung des Grameen-Chefs angeordnet. Hintergrund sind Vorwürfe, Yunus sei über die bindende Altersgrenze von 60 Jahren hinaus im Amt geblieben. Die Grameen Bank trat dem Beschluss der Zentralbank entgegen und teilte umgehend unter Berufung auf ihre Rechtsberater mit, Yunus bleibe auf seiner Position. Da er im Jahr 2000 auf unbestimmte Zeit zum Direktor des Instituts ernannt worden sei und die Bank gemäß einem Sondergesetz betrieben werde, gelte die Altersregelung in seinem Fall nicht.

Für den heute 70-jährigen geht es um viel: Es geht um sein Lebenswerk und um die Verteidigung einer Idee, die untrennbar mit seinem Namen verbunden ist. "Es geht um die einfachen Menschen. Es geht darum, dass auch der Rikschafahrer ein Handy hat, wenn er in die Pedale tritt, so dass man ihn anrufen kann."

Eine Idee und ihre Geschichte

Yunus bei der Verleihung des Friedensnobelpreises im Dezember 2006 in Oslo (Foto: AP)
Yunus bei der Verleihung des Friedensnobelpreises im Dezember 2006 in OsloBild: AP

Muhammad Yunus gilt als Pionier der Mikrokredite. Für sein Engagement wurde er im Jahr 2006 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Auch die deutsche Entwicklungshilfe setzt darauf, bedürftigen Menschen Geld zu leihen, damit sie sich aus eigener Kraft eine Existenz aufbauen können. Die Kreditnehmer sind oft Frauen – wie auch ganz am Anfang in Chittagong, als der Wirtschaftsprofessor Unterstützer für seine Idee von der Grameen Bank, der Dorfbank, suchte.

"Am Anfang musste ich erst mal einen Banker überzeugen, ein paar Dollar an die Kunden im Dorf neben meiner Universität zu verleihen. Er lehnte ab. Damit begann alles", erinnert sich Yunus. Dann habe er die Erlaubnis bekommen, Geld zu verleihen, solange er dafür bürgte. "Mein Limit waren 300 Dollar."

Muhammad Yunus konnte beweisen, dass seine Kunden in der Lage waren, ihre Kredite sinnvoll einzusetzen und pünktlich zurückzuzahlen. Vor allem Frauen schlossen sich in Gruppen zusammen, der Gemeinschaftsgedanke im Dorf spielte eine große Rolle. So entstand 1983 ganz offiziell die Grameen Bank, an der die Zentralbank des Landes mit 25 Prozent beteiligt ist. "Wenn die Kreditnehmer zu Grameen kommen, dann sind sie arm. Deswegen gilt Grameen als die Bank der armen Leute. Aber wir wollen nicht die Bank der Armen sein, sondern die Bank der ehemaligen Armen." Das sei das selbstgesteckte Ziel der Bank, so Yunus.

Yunus erklärt Dorfbewohnern sein Mikrokredit-Modell (Foto: AP)
Yunus erklärt Dorfbewohnern sein Mikrokredit-ModellBild: AP

Kritiker der Regierung

Doch für Gründervater Muhammad Yunus soll jetzt alles vorbei sein – nach fast 30 Jahren. Der Entlassungs-Brief fällt in eine Zeit, in der Muhammad Yunus ohnehin unter großem Druck steht. Die Premierministerin will den unbequemen Mann schon lange loswerden, weil der Friedensnobelpreisträger der politischen Elite seines Heimatlandes Gier und Korruption vorgeworfen hat.

Eine norwegische TV-Dokumentation hatte im vergangenen Jahr zudem über die mutmaßliche Veruntreuung von Spendengeldern berichtet – die norwegische Regierung hat den Verdacht ausgeräumt. Schwerer wiegt, dass die gesamte Idee der Mikrokredite als Wunderwaffe der Armutsbekämpfung in Verruf geraten ist. Es gibt viele Nachahmer, die mit zum Teil dubiosen Mitteln um Kunden kämpfen und den Markt überhitzen. Viele Kreditnehmer sind deswegen in eine gefährliche Schuldenspirale geraten.

Autorin: Sandra Petersmann
Redaktion: Esther Felden / Thomas Kohlmann