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Einer gegen alle

Diana Hodali6. Juli 2015

Starke Worte, starke Auftritte und ein starker Abgang: Griechenlands Ex-Finanzminister Varoufakis war in seiner Heimat beliebt, doch am Verhandlungstisch in Brüssel war er eine polemische Erscheinung. Ein Porträt.

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Yanis Varoufakis tritt zurück (Symbolbild)
Bild: picture alliance/AP Photo/D. O. de Olza

Immer wieder suchte Yanis Varoufakis das Rampenlicht. Und oft gingen seine Auftritte nach hinten los. Das Rettungsprogramm der EU für Griechenland bezeichnete er als "fiskalisches Waterboarding" und somit als Foltermethode.

Deutschland warf er vor, es beteilige sich daran, eine "Wolke der Angst" in Europa zu verbreiten. Die EU, so sagte er im italienischen Fernsehen, sei dabei, schlimmer zu werden als die UdSSR.

Eine halbe Millionen Menschen folgen Varoufakis auf Twitter. Nach einem informellen Treffen der Eurogruppe in Riga Ende April setzte er einen Tweet mit einem Zitat des damaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt ab: "Sie sind vereint in ihrem Hass auf mich, und ich begrüße ihren Hass."

Als Roosevelt dies im Madison Square Garden sagte, herrschte in den Vereinigten Staaten Wahlkampf, es ging um Innenpolitik. An wen Yanis Varoufakis diese Botschaft adressierte, war klar: seine 18 Amtskollegen der Eurogruppe.

Provokation vom Professor

Eines muss man dem ehemaligen griechischen Finanzminister lassen: Selten hat sich Brüssel so geeint gezeigt wie in Sachen Griechenland-Krise. Wenn er auf die anderen Finanzminister der EU traf, dann war die Aufteilung eindeutig: Varoufakis gegen den Rest.

Im Umfeld seiner Kollegen war er isoliert. Beim Eurogruppen-Treffen in Riga bekam Varoufakis die Ungeduld der Ressortchefs zu spüren. Der Hauptkritikpunkt: Athen hatte die zugesagte Liste mit belastbaren Reform- und Sparvorschlägen noch immer nicht vorgelegt. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem warf der griechischen Seite vor, sie sei für die bisher in den Verhandlungen verlorene Zeit verantwortlich.

Yanis Varoufakis Griechenland Referendum Volksabstimmung Krise Finanzen Finanzkrise Euro (Foto: REUTERS/ Jean-Paul Pelissier)
Noch eine Überraschung: Varoufakis erhielt das von ihm gewünschte Ergebnis und warf dennoch das HandtuchBild: Reuters/Jean-Paul Pelissier

Zum Dinner erschien Varoufakis dann nicht mehr. Über sein Umfeld ließ er verkünden, dass "er solche Veranstaltungen langweilig findet". Der endgültige Bruch mit der Eurogruppe kam dann am 25. Juni. Varoufakis und der griechische Chefunterhändler Euklides Tsakalotos verließen gemeinsam eine stürmische Sitzung in Brüssel.

Es war einer der vielen Sondergipfel, bei dem die Eurogruppe eine gemeinsame Erklärung formulierte: Darin lehnten sie einstimmig die Athener Forderung ab, das auslaufende Hilfsprogramm noch einmal zu verlängern. Teils hochemotionale Stellungnahmen der Finanzchefs folgten - der Tenor lautete: Wir haben die Nase voll.

"Personifizierter Vertrauensverlust"

Varoufakis, der nach seinem Mathematik- und Statistikstudium seinen Doktor in Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Essex machte, hatte schon früher Kontakte in die Politik - und zwar, als er als Berater für den damaligen sozialdemokratischen Oppositionsführer Giorgios Papandreou tätig war. Doch es kam noch vor dessen Wahl zum Ministerpräsidenten 2009 zum Zerwürfnis.

Als Griechenlands wirtschaftliche Schieflage vor fünf Jahren offensichtlich wurde, hat Varoufakis sich das Krisenmanagement als Hochschullehrer aus Australien, Schottland und den USA angeschaut. In seinem Buch "Der globale Minotaurus" forderte er eine grundlegende Debatte statt hektischer Rettungsaktionen.

Während Varoufakis in seiner Heimat anfangs als Polit-Star gefeiert wurde, sank sein Stern in den letzten Wochen trotz des von ihm gewünschten Ergebnis der Volksabstimmung. Die wenig feinfühlige Homestory in der französischen Illustrierten "Paris Match" brachte ihm Spott ein. Sie zeigte das kostspielige Leben des griechischen Kassenwarts des Pleitestaats, der kurz zuvor das Volk noch zu einem "einfachen Leben" angehalten hatte.