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Porträt Xi Jinping

26. Januar 2012

Chinas Vizepräsident Xi Jinping, der designierte Partei- und Staatschef, ist international noch wenig bekannt. Im Oktober ist sein "Krönungsparteitag". Nun hat selbst US-Präsident Obama Xi empfangen.

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Politisch gilt Xi weithin als unbeschriebenes Blatt. (Foto: REUTERS/Lintao Zhang)
China Vizepräsident Xi Jinping besucht am Dienstag (14.02.) die USABild: Reuters

Vizepräsident Xi Jingping ist im Westen ein unbeschriebenes Blatt. Als sicher gilt, dass er im Oktober auf dem Parteikongress der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) Hu Jintao als Generalsekretär der Partei ablösen und im März des kommenden Jahres den Posten des Staatspräsidenten übernehmen wird. Seine USA-Reise Mitte Februar inklusive eines Treffens mit Barack Obama unterstreicht den Status des 58-jährigen Politikers als "Kronprinz".

Über seine Ansichten zur Außenpolitik ist so gut wie nichts bekannt. Im neun Mitglieder zählenden Ständigen Ausschuss des Politbüros, des Machtzentrums Chinas, ist Xi zuständig für die Abteilungen Ideologie und Organisation. Obwohl er regelmäßig mit hohen ausländischen Gästen zusammentrifft, sind seine Statements meist vom Außenministerium schriftlich vorformuliert.

"Idealer Kompromisskandidat"

Gary Locke, der amerikanische Botschafter in Peking, sagte unlängst, Xi sei ein "sympathischer Mensch", aber auch Locke gab zu, dass die USA keine Vorstellung davon hätten, ob und wie er sich von Präsident Hu unterscheiden werde. Chinesische Akademiker, die Xi gut kannten, sollen gegenüber der US-Generalkonsulin Beatrice Camp 2009 in Shanghai erklärt haben, dass der designierte Partei- und Staatschef am besten im "Nichtstun" sei. Einem der Akademiker zufolge wurde Xi 2007 als Hus Nachfolger ausersehen, weil er der ideale Kompromisskandidat war. "Xi wurde es, weil er sehr vorsichtig ist und in den hinteren Reihen mit verschränkten Armen sitzt. Er macht keine Fehler."

US-Botschafter Gary Locke in Peking (Foto: AP)
Auch US-Botschafter Gary Locke weiß nicht, was die USA unter dem Neuen an der Spitze Chinas erwartetBild: AP

Bei einigen öffentlichen Auftritten im Ausland ließ Xi aber doch den Nationalisten in ihm erahnen. So in Mexiko im Jahr 2009, als er kaum verhüllt die USA mit den Worten attackierte: "Einige Ausländer mit gefüllten Bäuchen haben nichts besseres zu tun, als mit dem Finger auf uns zu zeigen." Ebenfalls 2009 sorgte der Vizepräsident bei einem Japan-Besuch für Verstimmung bei seinen Gastgebern, indem er auf einer Audienz beim Kaiser bestand. So etwas geht in Japan normalerweise nur bei Anmeldung im mehrmonatigem Voraus. Xi setzte seinen Willen durch, die japanische Presse quittierte es mit Missfallen.

Diplomatisches Auftreten

Seitdem hat Xi dazugelernt, sein öffentliches Auftreten im Ausland ist geschmeidiger geworden. Bei einem Treffen mit seinem amerikanischen Amtskollegen Joe Biden im vergangenen Jahr zeigte sich der chinesische Gast zuversichtlich in Hinblick auf den wirtschaftlichen Aufschwung in den USA. Und im Gespräch mit Ex-Außenminister Henry Kissinger Anfang Januar betonte Xi: "Wenn es um wichtige und heikle Angelegenheiten geht, die die Kerninteressen beider Seiten berühren, müssen wir uns damit im Geiste gegenseitigen Respekts und mit Augenmaß befassen."

Viele der engsten Berater des neuen Mannes an der Spitze Chinas sind Generäle der Volksbefreiungsarmee (VBA). Das dürfte für die Ausrichtung seiner Außen- und Sicherheitspolitik ein entscheidender Faktor sein. Chinas Militärführung hat in den vergangenen Jahren einen deutlich nationalistischeren Kurs als die Diplomaten des Landes eingeschlagen.

Landebahn auf 'Pag-asa', eine der Spratley-Inseln im Südchinesischen Meer (Foto: picture alliance/dpa)
Die Spratley-Inseln im Südchinesischen Meer sind umstritten, vor allem zwischen Vietnam und ChinaBild: picture-alliance/dpa

So hat sie einige Regionen, in denen China sich mit Nachbarländern über Hoheitsrechte streitet, als chinesische "Kerninteressensgebieten" deklariert. Dazu gehören das Südchinesische Meer und die Diaoyu-Inseln, japanisch Senkaku-Inseln. In vielen Artikeln und Kommentaren der offiziellen Medien betonen Chinas Militärstrategen immer wieder, dass China darauf vorbereitet sein müsse, Regionalkriege unter High-Tech-Bedingungen "zu führen und zu gewinnen." Es wurden sogar Forderungen nach begrenzten militärischen Strafaktionen gegen Vietnam und die Philippinen erhoben, zwei Länder, die territoriale Streitigkeiten mit China im Südchinesischen Meer haben.

Obama empfängt Chinas Vizepräsidenten Xi

Enge Verbindungen zum Militär

Xi ist auf das Wohlwollen seiner Förderer in der Generalität angewiesen, um den Gipfel der Macht ohne Schwierigkeiten zu erklimmen. Dabei könnte ihm der 69-jährige Hu Jintao im Wege stehen. In Pekinger politischen Kreisen geht man davon aus, dass Hu zwar seinen Stuhl im Ständigen Ausschuss des Politbüros räumen wird, aber noch zwei bis drei Jahre am Posten des Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission festhalten will. So hatte es sein Vorgänger Jiang Zemin vorgemacht. An einem solchen Szenario hat Xi aber kein Interesse. (Er ist bereits jetzt einer der drei Vizevorsitzenden der Militärkommission.) Um Druck auf Hu auszüben zu können, damit dieser den Posten des Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission seinem Nachfolger schon auf dem 18. Parteikongress im Oktober überlässt, ist Xi auf die Unterstützung der Generäle angewiesen.

Rivale USA

Im Gegenzug könnte Xi den Militärs eine größere Mitsprache bei der Sicherheits- und Außenpolitik zugestehen. Außerdem weiß auch Xi, dass der Nationalismus nach dem Absterben der kommunistischen Ideologie eine der wenigen Säulen geblieben ist, auf denen die Legitimität der Partei ruht. Die symbolische Herausforderung der amerikanischen Dominanz im Pazifik durch chinesische Atom-U-Boote und Flugzeugträger findet auch bei der jungen Generation in den Städten patriotische Resonanz.

Chinas erster Flugzeugträger Warjag im Reparaturdock (Foto: AP)
Chinas erster Flugzeugträger, bislang eher eine symbolische Herausforderung an die USABild: AP

Bei seiner bevorstehenden USA-Reise dürfte Xi eine diplomatisch ausgewogene Sprache wählen. Das muss aber nicht das letzte Wort sein, wenn die beiden strategischen Rivalen weiterhin auf Konfrontationskurs bleiben, etwa bei Chinas Währungspolitik und seinen (unterstellten) Hegemonialbestrebungen im Südchinesischen Meer. Dann könnte Oberbefehlshaber Xi sich auf militärische Muskelspiele einlassen, die in westlichen Hauptstädten für Beunruhigung sorgen würden.

Autor: Willy Lam / Hans Spross
Redaktion: Ziphora Robina