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Wutbürger ist das Wort des Jahres

17. Dezember 2010

Das Wort des Jahres 2010 heißt "Wutbürger". Begründung: Der Begriff drücke eine Empörung in der Bevölkerung aus, dass politische Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen würden. Dazu passt auch der zweite Platz.

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Schreiender Mann (Foto: Fotolia)
Bild: Fotolia/dundanim

Wut gegen Entscheidungen, die "die da oben" treffen, bestimmte in diesem Jahr die traditionelle Wahl des "Wortes des Jahres". Platz eins geht an "Wutbürger", Platz zwei an "Stuttgart 21". Der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Sprache, sagte am Freitag (17.12.2010) in Wiesbaden, beide Bezeichnungen hätten die öffentliche Diskussion des Jahres besonders bestimmt.

In der offiziellen Begründung der Gesellschaft für deutsche Sprache, die das Wort alljährlich kürt, heißt es zu "Wutbürger": "Diese Neubildung wurde von zahlreichen Zeitungen und Fernsehsendern verwendet, um einer Empörung in der Bevölkerung darüber Ausdruck zu geben, dass politische Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden. Das Wort dokumentiert ein großes Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, über ihre Wahlentscheidung hinaus ein Mitspracherecht bei gesellschaftlich und politisch relevanten Projekten zu haben."

Welches Wort trifft den Nerv der Zeit?

Für die Wahl wurden in einer ersten Runde etwa 2000 Wörtern und Wendungen ausgewählt. Hieraus wählte die Jury zehn Wörter, die die öffentliche Diskussion wesentlich bestimmt haben. In der Schiedskommission saßen der Hauptvorstand der Gesellschaft sowie wissenschaftliche Mitarbeiter.

Es sei nicht entscheidend, wie häufig ein Ausdruck verwendet wird, heißt es in der Mitteilung: "Die Liste trifft den sprachlichen Nerv des sich dem Ende neigenden Jahres und stellt auf ihre Weise einen sprachlichen Jahresrückblick dar. Als ein solches Zeitzeugnis sind die ausgewählten Wörter dabei mit keinerlei Wertung oder Empfehlung verbunden."

Und hier die weiteren Platzierungen:

2. Stuttgart 21: Die geplante Umwandlung des Stuttgarter Kopfbahnhofs in einen Durchgangsbahnhof ist seit Monaten Gegenstand heftiger Proteste, die weit über die Region hinausgehen.

3. Sarrazin-Gen: Große Debatten gab es in diesem Jahr um das Buch "Deutschland schafft sich ab" des ehemaligen Bundesbank-Vorstandsmitglieds Thilo Sarrazin. Im Zentrum standen umstrittenen Argumentationen zur angeblich genetischen Prägung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen, die des Öfteren teils ironisierend als Sarrazin-Gen bezeichnet wurde.

4. Cyberkrieg: Solch ein Konflikt entspann sich zwischen den Gegnern und Befürwortern der Internetplattform Wikileaks (siehe auch Rang 5). Beide Parteien versuchten sich im Netz gegenseitig zu bekämpfen, indem sie bestimmte Kommunikations- oder Zahlungswege blockierten.

5. Wikileaks: Die Internetplattform, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, geheime oder zensierte Dokumente von öffentlichem Interesse zugänglich zu machen, geriet vor allem durch die jüngste Veröffentlichung von US-Regierungsdokumenten und die Festnahme ihres Chefs Julian Assange in den Blickpunkt.

6. Schottern: Das Verb lässt sich wiederum dem wachsenden Protestwillen der Bürgerinnen und Bürger zuordnen. Es bezieht sich auf die Demonstrationen und Aktionen gegen die Castor-Transporte, bei denen durch die Entfernung von Schotter aus dem Gleisbett der Schienenweg sabotiert werden sollte.

7. Aschewolke: Im Frühjahr sorgte der Ausbruch des isländischen Vulkans Eyajafjallajökull dafür, dass in ganz Europa der Flugverkehr praktisch zum Erliegen kam.

8. Vuvuzela: Die südafrikanische Plastiktröte diente den einheimischen Fußballfans dazu, ihrer Begeisterung für das Sportereignis Ausdruck zu verleihen, wurde vom internationalen Publikum jedoch eher als störend empfunden. Gleichwohl begleitete die Tröte die gesamte Fußball-WM.

9. Femitainment: Damit wird eine Debatte umrissen, die zwischen der Feministin Alice Schwarzer und der amtierenden Bundesfamilienministerin Kristina Schröder in diesem Jahr ausgetragen wurde. Thema war die Haltung, die verschiedene Frauengenerationen zu den Themen Frauenbewegung und Geschlechterrollen einnehmen.

10. Unter den Eurorettungsschirm schlüpfen: Der Abschluss der aktuellen Liste deutet eine gewisse Kontinuität bei den Themen der vergangenen Jahre an. Die Wendung bezieht sich aktuell auf Irland, aber die wirtschaftlichen Rettungsaktionen und Krisen setzen sich nun schon etliche Jahre fort.

In den vergangenen Jahren wurde folgenden Worte gewählt:

2009: Abwrackprämie
2008: Finanzkrise
2007: Klimakatastrophe
2006: Fanmeile
2005: Bundeskanzlerin
2004: Hartz IV
2003: Das alte Europa
2002: Teuro
2001: Der 11. September
2000: Schwarzgeldaffäre
1999: Millennium
1998: Rot-Grün
1997: Reformstau
1996: Sparpaket
1995: Multimedia
1994: Superwahljahr
1993: Sozialabbau
1992: Politikverdrossenheit
1991: Besserwessi
1990: Die neuen Bundesländer

Autor: Martin Muno (dpa, dapd, gfds.de)
Redaktion: Herbert Peckmann