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Wulff denkt nicht an Rücktritt

4. Januar 2012

Ungeachtet der massiven Kritik wegen seiner versuchten Medien-Beeinflussung hält Bundespräsident Wulff an seinem Amt fest. Er wisse, dass er nichts Unrechtes getan habe, betonte er in einem Interview von ARD und ZDF.

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Bundespräsident Wulff bei seinem Interview mit ARD- und ZDF-Moderatoren (Foto: dpa)
Bundespräsident Wulff sieht sich weiter im RechtBild: picture-alliance/dpa

Bundespräsident Christian Wulff hat auch in den vergangenen Tagen nicht an Rücktritt gedacht. In einem gemeinsamen Interview der öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF bekräftigte Wulff am Mittwochabend, er nehme seine Verantwortung gerne wahr. Er sei für fünf Jahre gewählt worden und wolle dann die Bilanz ziehen, dass er ein guter Bundespräsident gewesen sei.

"Anruf war ein schwerer Fehler"

Gleichzeitig räumte der Bundespräsident ein, der Drohanruf bei "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann sei ein schwerer Fehler gewesen, der ihm leid tue und für den er sich entschuldige.

Weiter führte Wulff aus, er habe einen Lernprozess durchmachen müssen. Der Wechsel vom Amt des Ministerpräsidenten in Niedersachsen zum Staatsoberhaupt sei sehr schnell gegangen. Zugleich verteidigte er das Darlehen für sein Haus und seine Urlaube bei Freunden. Er wolle nicht Präsident in einem Land sein, in dem man nicht von Freunden Geld leihen könne. Auch als Politiker müsse man bei Freunden übernachten dürfen. Sonst verändere sich die Republik zum Negativen. Das Staatsoberhaupt fügte hinzu: "Es gibt auch Menschenrechte - selbst für Bundespräsidenten."

Wulff (l.)stellt sich den Fragen der Journalisten U. Deppendorf und B. Schausten (Foto: dpa)
Wulff (l.) stellt sich den Fragen der Journalisten Ulrich Deppendorf und Bettina SchaustenBild: picture-alliance/dpa

Seit Mitte Dezember muss sich der Bundespräsident gegen Vorwürfe wehren, beim Kauf seines Eigenheimes in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident die genauen Umstände der Kreditaufnahme verschwiegen zu haben. 2008 hatte Wulff von der befreundeten Unternehmergattin Edith Geerkens einen Privatkredit über 500.000 Euro erhalten. Kurz vor Weihnachten entschuldigte sich Wulff für "Irritationen" in dieser Kreditaffäre.

Druck wächst

Am vergangenen Montag geriet Wulff weiter unter Druck, nachdem bekannt geworden war, dass er Diekmann wütend angerufen hatte, um die Berichterstattung über den Kredit zu verhindern. Das Blatt hatte zuvor bestätigt, dass der Bundespräsident dem Chefredakteur im Dezember mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht habe, falls der Artikel erscheinen sollte. Auch beim Vorstandschef des Springer-Verlags, Mathias Döpfner, intervenierte Wulff persönlich.

Führende Politiker der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP sowie der Opposition forderten daraufhin eine Stellungnahme von Wulff.

Opposition ist unzufrieden

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor Wulffs Interview mitteilen lassen, sie schätze nach wie vor die Arbeit des Bundespräsidenten. Auch CSU-Chef Horst Seehofer sprach Wulff das Vertrauen aus. Er äußerte sich im oberbayerischen Wildbad Kreuth bei der Klausurtagung der Bundestags-Landesgruppe.

Die oppositionellen Sozialdemokraten sehen dagegen auch nach dem Interview Aufklärungsbedarf. Der Vize-Chef der SPD-Fraktion, Hubertus Heil, sagte, es gebe weiter offene Fragen. Zu klären sei etwa, ob Wulff den Ansprüchen gerecht werde, die die Menschen zu Recht an einen Bundespräsidenten stellten. Für die Grünen erklärte deren Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke, Wulff habe die Vorwürfe an ihn im Kern offensichtlich nicht verstanden. Harsche Kritik kam auch von der Linkspartei. Deren Vorsitzende Gesine Lötzsch warf dem Bundespräsidenten vor, er habe "ein gestörtes Verhältnis zur Presse, zur Wahrheit und zum Geld".

DJV und Privatsender rügen Exklusiv-Interview

Der Deutsche Journalistenverband DJV kritisierte, dass der Bundespräsident sich lediglich in einem Fernsehinterview zu Wort gemeldet hat. Der DJV-Vorsitzende Michael Konken forderte, Wulff solle sich den Fragen aller Journalisten der Hauptstadtmedien stellen. Nur so könne er glaubhaft den Dissens zwischen seinen öffentlichen Bekenntnissen zur Pressefreiheit und seinen Interventionen gegen unliebsame Berichterstattung aufklären.

Die privaten Sender RTL, n-tv und ProSiebenSat.1 beschwerten sich mit einer Protestnote beim Bundespräsidialamt wegen des Exklusiv-Interviews der beiden öffentlich-rechtlichen Sender.

se/kle (ARD, ZDF, dapd, epd, afp, dpa, rtr)