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Bundespräsident Wulff beendet Lateinamerika-Reise

6. Mai 2011

Sieben Tage nahm Bundespräsident Wulff sich Zeit für seine erste offizielle Reise als Staatsoberhaupt nach Mexiko, Costa Rica und Brasilien. Thema auf allen Stationen war der Wunsch nach gleichberechtigter Partnerschaft.

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Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff und Bundespräsident Christian Wulff (Foto: Roberto Stuckert Filho/PR)
Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff und Bundespräsident Christian WulffBild: Roberto Stuckert Filho/PR

Als Bundespräsident Christian Wulff an diesem Samstag (07.05.2011) von Brasilien aus die Heimreise antrat, hatte er viele neu gewonnene Erkenntnisse im Gepäck. So hat Dilma Rousseff, Brasiliens neue Präsidentin, offenbar nachhaltigen Eindruck auf ihn hinterlassen. Darauf lässt jedenfalls die Äußerung Wulffs schließen, wonach er sich beeindruckt von den "sehr zielgerichteten Vorstellungen" Rousseffs über die zukünftige Kooperation zeigte. Rousseff sieht den Zeitpunkt für deutsche Unternehmen gekommen, mehr in Brasilien zu investieren. "Wir sind eure strategischen Partner", sagte die Präsidentin. Die Partnerschaft wollen die beiden Staaten unter anderem auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien vorantreiben. Nebenbei bemerkt: Rousseff warb für den Einsatz von Biokraftstoffen auch in Europa. Ethanol ist in dem größten Land Südamerikas seit Jahrzehnten im Einsatz, während Deutschlands Autofahrer den Biosprit verschmähen.

Mehr als nur ein Rohstofflieferant

Dilma Rousseff und Christian Wulff begrüßen Schüler (Foto: Roberto Stuckert Filho/PR)
Dilma Rousseff und Christian Wulff begrüßen SchülerBild: Roberto Stuckert Filho/PR

Neben der Partnerschaft auf Augenhöhe gibt es eine weitere Botschaft, die sich wie ein roter Faden durch die Reise des Bundespräsidenten zieht: Demnach ist Lateinamerika für Deutschland mehr als nur ein Rohstofflieferant. Sichtbaren Ausdruck findet das nicht zuletzt darin, dass Brasilien 2012 Partnerland der Computermesse Cebit in Hannover sein wird. Neben Energie und Technologie haben Brasilien und Deutschland weitere gemeinsame Interessen: Politisch eint beide Staaten, dass sie einen ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat anstreben. Zudem werden die Handelsbeziehungen immer enger. Zuletzt stieg das Volumen des bilateralen Handels um ein Viertel. Begleitet wurde der Präsident von 60 Unternehmern. Denn Brasilien ist Deutschlands wichtigster Handelspartner in Lateinamerika. Rund 1.200 deutsche Unternehmen sind in dem Land tätig und tragen schätzungsweise zwischen acht und zehn Prozent zum brasilianischen Bruttosozialprodukt bei.

Einen Wehrmutstropfen gab es während des Braslilienaufenthaltes jedoch: Wulff sagte den Besuch des Stahlwerkes von ThyssenKrupp in Rio de Janeiro am Samstag ab. Angesichts der kurzfristig angekündigten, umfangreichen Umstrukturierungen im ThyssenKrupp-Konzern mit noch nicht absehbaren Auswirkungen habe sich der Bundespräsident entschieden, auf dem Rückflug von Brasilien nach Deutschland keinen Zwischenstopp beim Stahlwerk in Rio einzulegen, teilte das Bundespräsidialamt am Freitagabend in Sao Paulo mit. Der Konzern ThyssenKrupp will sich weltweit von 35.000 Beschäftigten trennen.

Handel und Klimawandel

Christian Wulff mit der Präsidentin Costa Ricas, Laura Chinchilla Miranda (Foto: Michael Gottschalk/dapd)
Christian Wulff mit der Präsidentin Costa Ricas, Laura Chinchilla MirandaBild: dapd

Schon auf der Station zuvor, in Costa Rica, standen die Wirtschaftsbeziehungen auf der Tagesordnung: Die Bundesrepublik setzt sich für die Unterzeichnung eines Freihandelsvertrags zwischen der Europäischen Union und Zentralamerika ein. Dieser werde helfen, "die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen beiden Regionen zu stärken", sagte Wulff. Nur indirekt ging der Bundespräsident auf den seit langem schwelenden und kürzlich wieder aufgeflammten Streit um den Grenzverlauf zwischen Costa Rica und Nicaragua ein. Wulff sagte dazu lediglich, dass sowohl Deutschland als auch Costa Rica "den Vorrang des internationalen Gesetzes achten, um eine friedliche Lösung durch Dialog und Kooperation zu finden".

Lobende Worte fand Wulff für das Engagement Costa Ricas für den Klimaschutz. Der Bundespräsident sieht das zentralamerikanische Land als weltweites Vorbild in Umweltfragen. Hintergrund sind die ehrgeizigen Ziele zur Förderung von Erneuerbaren Energien und zum Schutz des Regenwaldes, die sich das Land vorgenommen hat.

Auch in Mexiko, der ersten Station von Wulffs Reise, ging es um Umweltfragen. Der Bundespräsident lobte den Erfolg des Klimagipfels von Cancún im Dezember 2010. Es sei vor allem dem Einsatz der mexikanischen Delegation zu verdanken, dass das Ziel verabschiedet wurde, den globalen Temperaturanstieg auf zwei Grad zu beschränken. Deutschland möchte nun gemeinsam mit Mexiko auf den nächsten Klimagipfel in Durban 2012 hinarbeiten.

Dissens unter Freunden

In einem Punkt sind Mexiko und Deutschland sich hingegen uneins. Deutschland strebt einen permanenten Sitz im Sicherheitsrat an. Mexiko spricht sich dagegen aus, weitere ständige Sitze einzurichten. Völlig unstrittig ist zwischen den beiden Staaten hingegen, dass Wulff dem lateinamerikanischen Partner deutsche Unterstützung angeboten hat, wenn Mexiko im kommenden Jahr den Vorsitz der G20, dem Gremium der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, übernimmt.

Unterstützung im Kampf gegen die Drogenkartelle

Bundespräsident Christian Wulff und Mexikos Präsident Felipe Calderón (Foto: Wolfgang Kumm dpa )
Bundespräsident Christian Wulff und Mexikos Präsident Felipe CalderónBild: picture alliance/dpa

Top-Thema bei den Gesprächen Wulffs in Mexiko war indes der Drogenkrieg. Seit der Intensivierung des Kampfes gegen die Kartelle mit dem Amtsantritt von Präsident Calderón im Jahr 2006 sind rund 40.000 Menschen ums Leben gekommen, darunter Mitglieder der Kartelle wie auch Unbeteiligte. Nichtstaatliche Organisationen klagen Militär und Polizei an, im Zuge der Auseinandersetzungen Menschenrechte zu verletzen. Wulff forderte, "dass selbst beim Kampf gegen kriminelle Vereinigungen die Menschenrechte gewahrt bleiben". Wiederholt betonte er, Deutschland vertraue darauf, "dass Mexiko die öffentliche Ordnung aufrecht erhalten und den Schutz der Bürger gewährleisten kann". In Deutschland sei man entsetzt über die Gewalttaten der mexikanischen Drogenmafia. "Der Kampf gegen die organisierte Kriminalität und den illegalen Rauschgifthandel ist ein vereinter Kampf, nicht zuletzt deshalb, weil die Nachfrage nach Drogen global ist", erklärte Wulff weiter.

Auch deutsche Investoren zeigen sich besorgt angesichts der eskalierenden Gewalt in Mexiko. In der Tat ist die öffentliche Sicherheit aktuell das Thema Nummer eins in Mexiko. Für Sonntag (08.05.2011) werden auf einer Massendemonstration Hunderttausende zu Demonstrationen für einen effektiveren Kampf gegen die Kriminalität erwartet.

Autoren: Enrique López Magallón, Birgit Görtz
Redaktion: Mirjana Dikic