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Zelt-Musik-Festival Freiburg

Sebastian Bargon4. Juli 2012

Seit 30 Jahren präsentiert das Zelt-Musik-Festival Freiburg jeden Sommer Klassik, Jazz, Pop und Weltmusik unter einem Dach. Damals waren die Macher Pioniere, und bis heute hat das ZMF nichts von seinem Reiz verloren.

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Zeltdächer beim ZMF in Freiburg (Foto: ZMF / Klaus Polkowski)
Bild: ZMF / Klaus Polkowski

Die Idee, Musik aller Stilrichtungen zu präsentieren, kam dem Freiburger Medizinstudenten und Musiker Alexander Heisler Anfang der 1970er Jahre in England. Angeregt durch die lockere britische Festivalkultur rief er zunächst die Konzertreihe "Klassik und Jazz" an der Universität Freiburg ins Leben, den Vorläufer des späteren Zelt-Musik-Festivals. "Wir haben damals schon die größten Stars der Welt an die Uni gekriegt", erzählt Heisler. "Damit war der Humus gelegt."

Beim ersten Festival kamen 50.000 Besucher zu rund vierzig Veranstaltungen. Der große Erfolg dieser Premiere in den Zelten bewies, dass die außergewöhnliche Atmosphäre unter Planen sowohl fürs Publikum als auch für die Musiker eine reizvolle Variante zum herkömmlichen Konzertsaal darstellte.

Kultur für alle beim Tiergehege

Nachdem das ZMF wegen Lärmbeschwerden aus der Innenstadt weichen musste, fand es 1985 vor den Toren Freiburgs in direkter Nachbarschaft zum Mundenhof-Tiergehege eine neue Heimat. Dieser Standort forderte das Improvisationstalent und volle Engagement aller Mitarbeiter. Im Lauf der Jahre schufen sie zusammen mit dem städtischen Gartenamt aus einem Stoppelfeld eine Zeltstadt im Grünen, die in eine Hügellandschaft eingebettet wurde.

Besucher beim ZMF (Foto: ZMF / Klaus Polkowski)
Abfeiern bei guter MusikBild: ZMF / Klaus Polkowski

Eric Bazilian, Gründungsmitglied der amerikanischen Rockband "The Hooters", war wie viele andere Musiker von dem speziellen Ambiente begeistert. "Es ist verblüffend hier mit all den Tieren und Zelten. Es ist wie Woodstock - Woodstock mit Tieren."

Jeden Sommer präsentierte das ZMF 19 Tage und Nächte lang rund 50 eintrittspflichtige und mehr als 100 Gratis-Veranstaltungen. Das abwechslungsreiche Programm überwand spielerisch die Grenzen zwischen Generationen und Stilen. In dem musikalischen Gemischtwarenladen traten Stars aus aller Welt auf, aber auch viele Newcomer und Straßenmusiker bekamen ihre Chance. Manch einem Weltstar gefiel die Atmosphäre so gut, dass er nach seinem offiziellen Konzert noch eine Session mit Musikern aus anderen Genres spielte.

Reinfälle und Sternstunden

Natürlich gab es auch den ein oder anderen Flop, erinnert sich Festival-Gründer Alexander Heisler: "Die Dissidenten. Die haben nämlich unsere Küche geklaut und sind abgehauen. Das habe ich nicht verstanden, wie man uns jungen Leuten einfach die Küche klaut, also Töpfe und alles Mögliche."

Als weiteren Flop bezeichnet er Dr. Alban. Der damalige Superstar kam als einziger Musiker neben Justus Franz mit dem eigenen Flugzeug angereist. "Er hatte nur acht Stücke drauf, hat sich aber bei jedem Stück umgezogen", lacht Heisler heute.

Der schwedisch-nigerianische Pop-Musiker besaß 16 Garderoben und zog bei der Wiederholung einfach ein anderes Kostüm an - in der Meinung, das Publikum würde dann nicht merken, dass er dieselben Stücke der ersten Runde sang. Unvergesslich waren dagegen Auftritte von Vollblutmusikern wie Bo Diddley, die das besondere Ambiente zu schätzen wussten.

Blitz, Donner und Fußballkatastrophen

Feuerzauber beim Zelt-Musik-Festival Freiburg (Foto: ZMF / Klaus Polkowski)
Feuerzauber beim Zelt-Musik-FestivalBild: ZMF / Klaus Polkowski

Eine Eigenart des Festivals sind seit Jahren die extremen Witterungsbedingungen. Mal gab es Hitzewellen, dann Blitz-, Donner- und Starkregenperioden, was manch einen Festivalbesucher schon an einen Fluch glauben ließ. Aber nicht der Wettergott, sondern die Fußball-WM in Deutschland brachte vor sechs Jahren fast das Ende für den Festival-Dinosaurier: Die Besucher blieben aus. Der Trägerverein musste Insolvenz anmelden. Zusammen mit neuen, kompetenten Mitstreitern gab Festival-Gründer Alexander Heisler dem facettenreichen Spektakel mit der ZMF GmbH eine neue Struktur.

Chöre und Rocklegenden

Auch im Jubiläumsjahr setzen die ZMF-Macher auf die bewährte Mischung aus Rock, Soul, Jazz, Weltmusik und Klassik. Zur Eröffnung am 4. Juli kommt mit Patti Smith eine Ikone der Rockmusik ins Zirkuszelt. Zwei Tage später wird der Schlagerparodist Dieter Thomas Kuhn ein Geburtstagsständchen singen. Zur 19-tägigen Jubiläumsfeier gehören auch A Capella-Gesang, japanische Trommler, bissiges Kabarett mit Gerhard Polt und argentinischer Tango.

Die Tradition der Konzeptabende wird auch in diesem Jahr fortgesetzt. Bei der großen ZMF-Gala am 8. Juli trifft der Jazzchor Freiburg unter anderem auf das philharmonische Orchester und auf das Musiktheater "Die Schönen der Nacht".

Patti Smith . (Foto:Andrew Medichini/AP/dapd)
Rock-Ikone Patti SmithBild: dapd

Über 100.000 Menschen werden in der Zeltstadt erwartet. Wer sich keine Konzertkarte leisten kann oder will, ist auf dem ZMF trotzdem willkommen. Viele Besucher kämen einfach nur, um herumzuschlendern, sagt Pressesprecherin Brigitte Schömmel, denn das Gelände sei eintrittsfrei: "Man kann einfach von draußen zuhören, was im Zirkuszelt passiert, sich dort auf die Wiese setzen und ein bisschen die Seele baumeln lassen." Und das kann man beim ZMF noch bis zum 22. Juli.