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Wohlhabende Weihnachtsmänner

Stephan Hille28. Dezember 2004

Charity bezeichnet eine Tradition, die Nächstenliebe und Wohltätigkeit zu bestimmten Ereignissen meint. Das gibt es nun auch in Russland.

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"Novyj God", Neujahr ist in Russland das wichtigste Fest des Jahres. Tagelang bereiten sich die Russen darauf vor: Hektisch werden die letzten Geschenke gekauft, denn die gibt es in Russland erst in der Silvesternacht.

Stephan Hille
Stephan Hille

Berge von leckeren Speisen brutzeln in den russischen Küchen. Traditionelle Vorspeise ist der "Salat Olivier", in Westeuropa bekannt als "Russischer Salat". Neujahr verbringen die Russen zuhause oder auf der Datscha, denn Silvester ist das Fest der Familie. Kommt dazu, dass es draußen meist auch bitterkalt ist.

In diesem Jahr dürfte sich der eine oder andere Moskauer vielleicht überlegen, ob er nicht doch lieber auf den verschneiten Straßen der Stadt feiern will. Nicht, weil die Straßen und Plätze in diesem Jahr noch prachtvoller und mit noch mehr bunten Lichtern geschmückt sind als sonst. Und auch nicht, weil es dieses Jahr noch mehr Musik- und Tanzdarbietungen auf verschiedenen Bühnen im Zentrum der Stadt geben soll, sondern weil in dieser Neujahrsnacht das Glück möglicherweise auf der Straße liegen könnte.

Vor wenigen Tagen hat eine Gruppe von reichen russischen Geschäftsleuten angekündigt, als "Väterchen Frost" - so heißt in Russland der Weihnachtsmann - auf den Straßen Moskaus Geschenke verteilen zu wollen.

Aber keine billigen chinesischen Plastikspielzeuge, wie sie dieser Tage in zahlreichen Läden der Stadt an kleine Kinder verschenkt werden. Sondern richtig große und richtig teure Geschenke. Die zehn unbekannten "Frost-Väterchen" wollen sich nicht lumpen lassen und haben nach russischen Medienberichten unter sich einen Wettbewerb ausgemacht: Wer im Verlauf des Silvesterabends am meisten verschenkt, der hat gewonnen. Auf welchen Straßen und in welchen Hinterhöfen die Weihnachtsmänner ihre Geschenke verteilen wollen, gaben sie ebenfalls nicht preis. Bekannt wurde nur, dass sie nicht im Zentrum tätig werden wollen, sondern eher ärmere Menschen in den Wohngebieten am Rand der Stadt beschenken wollen.

Wer die wohlhabenden Wohltäter sind, ist nicht bekannt. Sie hätten genug von den jährlich wiederkehrenden immer ausufernden Silvester-Feiern, hieß es lediglich. Kaviar, Kreml-Glockenschläge, Haselhühner - das langweile die Reichen und die Schönen mittlerweile kolossal, war in der "Iswestja" zu lesen. Einige hätten dieses Jahr ihre Freunde zu Feiern im Wald eingeladen. Andere seien zur Einsicht gekommen, dass sie als Wohlhabende doch in der Schuld der Ärmeren stünden. Daher der Plan als "Väterchen Frost" doch wenigstens einmal im Jahr etwas Gutes zu tun.

Fast einen Monat lang haben sich die Geschäftsleute in ihrer Freizeit auf ihren Auftritt vorbereitet, Kostüme und Bärte anprobiert, Sprüche und Lieder auswendig gelernt. Wahrscheinlich hoffen die Geschäftsmänner im Weihnachtskostüm mit ihrem spendablen Vorhaben auch ihrem eigenem unternehmerischen Glück auf die Sprünge helfen zu können.

Denn in Russland glauben die Menschen, dass es entscheidend ist, wie man Silvester verbringt. Ein guter Rutsch in das neue Jahr garantiere ein erfolgreiches Jahr, so der Aberglaube. Ungünstig also, wenn die Neujahrsnacht ein Reinfall wird.

Die Sankt Petersburger haben Glück, sie können allenfalls verpatzte Versuche nachholen. Im Club "Purga" im Zentrum der Stadt wird jeden Abend Silvester gefeiert.