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Wohin nach der Trennung?

Christine Gruler17. Dezember 2003

Auch Männer sind Opfer häuslicher Gewalt. Ein Boom an Studien über weibliche Gewalt bestätigt dies. Doch ein Pendant zum Frauenhaus gibt es bislang noch nicht. In Berlin haben zwei Männer die Initiative ergriffen.

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Über Gewalt von Frauen reden - noch immer ein TabuBild: dpa

Eine Reihenhaus-Siedlung im Norden von Berlin. Die Fenster sind weihnachtlich geschmückt, in den Vorgärten deutet vieles auf die Anwesenheit von Kindern: eine Schaukel, Fahrräder, Sandkästen. Heile Welt.

Hier lebt auch Horst Schmeil, für den die heile Welt der Familie 1994 endgültig zusammenbrach. Seine Frau hatte sämtliche Register gezogen - Verleumdung, Entzug der Kinder und tätliche Angriffe. Gewalt ist auch weiblich, das hat Schmeil an Leib und Seele erfahren.

"Die Republik ändern"

Am Ende war der Diplompädagoge finanziell ruiniert und moralisch bloß gestellt. Es war nicht leicht, sich wieder aufzurappeln. Die Rechtsprechung habe ihm vieles erschwert, erklärt er im Gespräch mit DW-WORLD. Aufgeben wollte er jedoch nicht: "Dann muss ich eben die Republik ändern," lautete sein vor fast zehn Jahren gefasster Beschluss.

Heute trägt Schmeil in vielfacher Weise dazu bei, Männern in Notsituationen wie der seinen zu helfen. Er sitzt im Bundesvorstand des Vereins "Väteraufbruch", dessen Hauptanliegen "die Aufrechterhaltung der Beziehung der Kinder zu beiden Eltern nach einer Trennung" ist. Als Verfahrenspfleger kämpft er vor dem Familiengericht für die Rechte des Kindes und konnte auf diese Weise an Beschlüssen mitwirken, die dem einen oder anderen Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusprachen. "Einzelne Plöcke" hofft er hiermit für die Betroffenen zu setzen. Seine Zielgruppe sind Väter, die wie er nach der Trennung das Recht auf die Sorge für ihre Kinder verlieren.

Zuflucht und Zuspruch

Sein größter Dienst jedoch: In seinem Haus hat Schmeil Platz gemacht für Männer, die nach der Trennung oder als Opfer weiblicher Gewalt nahezu ihr gesamtes gesellschaftliches Umfeld verloren haben. Vier Räume bieten bis zu sechs Männern einen Zufluchtsort und "ein Stück Insel der Hoffnung", wie Schmeil es formuliert. Denn nicht nur zeitweilige Wohnmöglichkeit, auch therapeutische Begleitung, Rechtsberatung und Informationen rund um ihre Problematik erhalten die Männer hier. Der "Verlust von Lebensperspektive" sei der Aspekt, der die nahezu 1000 Männer vereine, die hier seit 1995 Aufnahme oder Betreuung erfahren haben. Auf eine finanzielle Unterstützung muss diese Initiative allerdings bisher verzichten.

Brauchen wir Männerhäuser?

Frauen, die von ihren Männern misshandelt werden, können bundesweit in rund 450 Frauenhäusern Zuflucht finden oder sich an eine Beratungsstelle wenden. Für Männer ist das Hilfsangebot wesentlich geringer. Diese Lücke zu schließen, hat sich auch Peter Thiel zur Aufgabe gemacht.

Ebenfalls in Berlin kümmert sich der Familientherapeut seit zwei Jahren intensiv als Berater um Männer. Sein Versuch, in Berlin das erste - von öffentlicher Hand finanzierte - Männerhaus der Bundesrepublik zu gründen, hat bislang noch nicht gefruchtet. Die Zuständigkeit für das Problem der Männer sei noch nicht eindeutig geklärt. "Ich wurde ein wenig von hier nach dort verwiesen," erläutert Thiel, der sich dennoch optimistisch gibt. Der Tenor auf seine Anfrage sei durchaus positiv, keineswegs verhielte sich die Politik dem Thema gegenüber gleichgültig. Außerdem habe er aus aller Welt bereits Anfragen bezüglich des geplanten Männerhauses erhalten. Nicht nur in Deutschland, auch anderswo fehle es noch an derartigen Hilfsangeboten für Männer.