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Der Jecken-Boom

Priya Palsule-Desai15. Februar 2007

Bis Aschermittwoch wird in den deutschen Karnevals-Hochburgen gefeiert - und kräftig dafür bezahlt. Doch nicht alle Branchen haben etwas von dem närrischen Treiben. Manchen ist der Karneval sogar ein Dorn im Auge.

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Am Kostüm wird nicht gespart: "Darth Vader" auf dem Kölner Karneval (2006), Quelle: dpa
Am Kostüm wird nicht gespart: "Darth Vader" auf dem Kölner Karneval (2006)Bild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Wer Mitte Februar den Karnevalswierts in Köln betritt, fühlt sich in die alten Tage der Winterschluss-Verkäufe zurückversetzt. Im größten Karnevals-Kaufhaus Deutschlands drängen sich die Narren durch Plüsch, Pailletten und Perücken auf der Suche nach dem geeigneten Kostüm. Rund 15.000 Kunden kommen in den Wochen vor Rosenmontag hierher - und das täglich.

Eine Verkleidung gibt es schon ab 5,95 Euro, doch der rheinische Karnevalist gibt weit mehr für sein Kostüm aus. "Ich versuche, das um die 30 Euro zu halten - für jeden. Wir sind zu dritt", sagt eine Frau. Eine andere: "Ich gehe mit meiner Freundin als Teufelchen mit Flügeln. Ich denke, das kostet so um die 50 Euro."

"Das ist wie eine Religion"

Karnevalisten sparen nicht bei Verkleidung, Kostümen und Zubehör. Nach einer Studie der Dresdner Bank machte die Spielwaren-Industrie im vergangenen Jahr 290 Millionen Euro Umsatz damit - Tendenz steigend. Und das trotz Mehrwertsteuer-Erhöhung in diesem Jahr. Frank Schröder, Geschäftsführer des Karnevalswierts', erklärt warum: " Der Kölner nimmt sich alles für Karneval - weil das hier wie eine Religion ist. Hier ist das ein unwahrscheinlich hochträchtiges Fest."

Karnevalisten in Köln (2006), Quelle: AP
Karnevalisten in Köln (2006)Bild: AP

Neben Kostümen sind in den närrischen Tagen Süßigkeiten der Renner. 150 Tonnen Pralinen, Bonbons und Schokolade - Kamelle genannt - werden in Köln am Rosenmontag von den Festwagen in die jubelnde Menge geschmissen. In der Nachbarstadt Düsseldorf sind es 60 Tonnen. Welche wirtschaftliche Bedeutung der Karneval für die Branche hat, sagt Torben Erbrath, Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Süßwaren-Industrie:

Geschäfte nur im Zentrum

"Die Süßwaren-Industrie ist eine Saisonwaren-Industrie und insofern zählt jede Saison", erklärt er. "Aber Karneval macht nicht einmal ganz ein Prozent am Umsatz aus." Ostern und Weihnachten seien bedeutend wichtiger, aber: "Es gibt bestimmte Firmen, die sich darauf spezialisiert haben, Wurfmaterial für Karneval herzustellen. Für die ist die Karnevalsaison schon wichtig. Für die einzelnen Unternehmen kann er bis zu 50 Prozent vom Umsatz oder sogar noch mehr ausmachen."

Ähnlich wie der Süßwaren-Industrie bringt der Karneval auch den Gaststätten nur zeitweise ein Plus in die Kassen. Nach Angaben des Bundes Deutscher Karneval werden von November bis Februar rund 12.000 Arbeitsplätze geschaffen. Die meisten Saisonarbeiter werden in der Gastronomie beschäftigt, vor allem in den Altstädten von Düsseldorf und Köln, wo sich das närrische Treiben konzentriert. Hier schnellen die Umsätze in die Höhe. Am Stadtrand hingegen leiden die Gastronomen, weil die Kunden an den närrischen Tagen ausbleiben.

Zu wenige wollen nach Düsseldorf

Das Gleiche im Hotelgewerbe: Während in Köln um den Rosenmontag herum rund 20 Prozent mehr Übernachtungen verzeichnet werden, macht sich in Düsseldorf kein Plus bemerkbar. "Düsseldorf hat das Problem, dass an den Karnevalstagen die Geschäftskunden ausbleiben", erklärt Thorsten Helwig, Sprecher des Gastgewerbeverbands DEHOGA in Nordrhein-Westfalen. "Der Karneval in Düsseldorf ist groß, aber er ist und bleibt eine regionale Veranstaltung im Gegensatz zu Köln. Nach Köln kommen auch Leute von außerhalb."

Und das sind am Rosenmontag 1,5 Millionen Besucher. Aus dem Ausland kommen vor allem Belgier, Franzosen und Niederländer. In der gesamten Saison erwirtschaftet Köln nach eigenen Angaben 330 Millionen Euro. Daraus fließen rund acht Millionen Euro in die Stadtkassen zurück. Josef Sommer, Geschäftsführer von Kölntourismus ist damit sehr zufrieden. "Der Karneval ist ein Segen für die Stadt, weil es wirklich im wahrsten Sinne des Wortes eine fünfte Jahreszeit ist. Ein Zusatzgeschäft, das ansonsten so nicht stattfinden würde."