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Politik

Wird Trump bald des Amtes enthoben?

Michael Knigge
25. Mai 2017

Mehr als zwei Drittel aller Deutschen glauben, dass es Donald Trump nicht schafft, bis zum Ende seiner Präsidentschaft im Amt zu bleiben. Doch ein Impeachment ist zurzeit unwahrscheinlich.

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Großbritannien Protest von Amnesty International gegen 100 Tage Trump in London
Bild: picture-alliance/dpa/PA Wire/Yui Mok

Im Zeitalter von Präsident Trump ist es angebracht, diesen Artikel mit einem Disclaimer einzuleiten. Da ein einziger Präsidenten-Tweet alles auf den Kopf stellen kann, gilt alles, was Sie hier lesen, für die Halbzeit von Trumps erster Auslandsreise als US-Staatsoberhaupt. Während er unterwegs ist, gehen nämlich in den USA selber die Ermittlungen rund um seinen  Wahlkampf weiter.

Das US-Justizministerium hat einen Sonderermittler eingesetzt, der herausfinden soll, ob Russland auf die Wahl des US-Präsidenten im November Einfluss genommen hat und ob es Absprachen zwischen Trumps Wahlkampfteam und Russland gab. Seitdem haben Spekulationen, dass Trump durch ein Impeachment (ein Amtsenthebungsverfahren) oder auf anderem Wege aus dem Amt entfernt werden könnte, ihren Siedepunkt erreicht.

Nach jüngsten Umfragen glauben zwei Drittel aller Deutschen nicht, dass Donald Trump die volle Amtszeit von vier Jahren schaffen wird. Und in den USA denken viele Politiker, Koryphäen und Experten über ein Impeachment nach. 

Komplexes Verfahren

Wichtig dabei: Während Gerüchte und Debatten über ein solches Amtsenthebungsverfahren um sich greifen, gibt es bisher nur wenige direkte Forderungen danach - und darunter ist nur ein einziger Abgeordneter aus dem Repräsentantenhaus. Es handelt sich um Al Green aus Texas, einen Demokraten. Im Repräsentantenhaus reicht eine einfache Mehrheit, um ein Impeachment in Gang zu bringen. Und die Republikaner haben dort eine Mehrheit von 238 Sitzen zu 193 Sitzen gegenüber den Demokraten.

Das tatsächliche Enthebungsverfahren würde dann der Senat leiten, in dem die Republikaner ebenfalls die Mehrheit haben, wenn auch mit 52 zu 48 kleiner als im Repräsentantenhaus. Es müssten aber zwei Drittel der Senatoren bereit sein, den Präsidenten aus dem Amt zu zwingen - insgesamt 67 Stimmen. Diese große Hürde wurde bewusst konzipiert - dass prominente republikanische Senatoren wie John McCain sich klar von Trump distanziert haben, ist also noch kein Hinweis auf ein gelingendes Impeachment.

Donald Trump und Melania Trump Ankunft in Brüssel
Auf seiner ersten Auslandsreise: Donald Trump mit First Lady MelaniaBild: Reuters/J.Ernst

Politischer Prozess

Ein Impeachment-Prozess mag wie ein Gerichtsverfahren wirken - es ist jedoch ein politisches Verfahren, das von Politikern in Gang gebracht und entschieden wird.

Die Republikaner haben nicht nur die Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses, sondern regieren zum ersten Mal seit acht Jahren auch im Weißen Haus. Wenn sie sich entscheiden, einen der ihren aus dem Amt zu befördern, wäre das ein Trümmerhaufen epischen Ausmaßes.

Republikaner halten zusammen

"Die Republikaner im Kongress werden versuchen, mit Präsident Trump so lange wie möglich auszukommen, solange sie das Gefühl haben, dass sie mit ihm wichtige Gesetze durchsetzen können", sagte Reed Galen, ein republikanischer Stratege, der an den Wahlkämpfen von John McCain, Arnold Schwarzenegger und George W. Bush beteiligt war.

"Ich glaube, die meisten Republikaner werden zu Trump halten, weil sie keine andere Wahl haben", stimmt auch John Feehery zu, der ebenfalls als Stratege seit nahezu 20 Jahren für führende Republikaner im Repräsentantenhaus arbeitet. 

Viele Republikaner haben ernsthafte Bedenken gegenüber Trump und seiner Amtsführung. Doch so lange er ihnen helfen kann, republikanische Kernforderungen durchzusetzen, etwa Steuersenkungen oder Obamacare abzuschaffen, ist die Bereitschaft, ihn abzusetzen, sehr gering. Trotz der vielen Skandale und Affären seit seiner Amtsübernahme, wie zum Beispiel der Entlassung von FBI-Chef James Comey, steht Trumps Amtsenthebung also bislang nicht auf der Agenda seiner Parteifreunde.

Bildkombo U.S. Präsident Donald Trump und FBI Direktor James Comey
Trump (links) hat FBI-Chef James Comey (rechts) entlassen - rächt sich das nun?Bild: Reuters/J. Lo Scalzo/G. Cameron

Sorge um das eigene Amt

"Ich glaube nicht, dass wir schon so weit sind", sagt Feehery. "Die meisten Amerikaner machen sich eher Sorgen über das Gesundheitssystem oder die Wirtschaft als über den Unsinn, der Washington überflutet."

"Es gibt nach wie vor eine große Kluft zwischen den Republikanern, die sich von Trump absetzen, und den Mehrheiten in beiden Kammern, die ja ein Amtsenthebungsverfahren in Gang bringen und ihn dann später des Amtes entheben müssten", so Galen. "Einen Präsidenten abzusetzen, ist ein großes Unterfangen und bringt politische Verunsicherung."

Das heißt nicht, dass es nicht für viele Republikaner, sogar für die erzkonservativen Vertreter, doch einen Punkt geben könnte, an dem sie bereit wären, sich von Trump zu trennen. Letztendlich, meint Galen, haben die republikanischen Abgeordneten und Senatoren ein einziges Ziel: Abgeordnete und Senatoren zu bleiben.

Stolperstein Russland

"Wenn Republikaner in umkämpften Wahlkreisen Trump als Elefant im Porzellanladen sehen und um ihre Wiederwahl fürchten, werden sie sich von ihm lösen", sagt Galen. Aber Abgeordnete und Senatoren, die ihn nicht mehr unterstützen, sind nicht automatisch auch Abgeordnete und Senatoren, die ihn aus dem Amt jagen wollen.

Zurzeit gibt es nach Ansicht von Feehery nur ein einziges vorstellbares Szenario. "Sollte es sich herausstellen, dass der Präsident geheime Absprachen mit Russland getroffen hat und diese Absprachen gegen das Gesetz verstoßen haben, dann ist Trump in großer Gefahr", so Feehery. "Aber abgesehen von diesem speziellen Szenario wird er bleiben, was er ist: Präsident der USA."