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Debatte ums Urheberrecht

Rachel Gessat11. Mai 2012

Neue Runde im Streit um das Urheberrecht. Deutsche Autoren und Künstler warnen vor der Aushöhlung ihrer Rechte: Geiz und Gier dominierten das Verhalten der Raubkopierer im digitalen Zeitalter.

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Die Musikgruppe Rammstein auf der Bühne (Foto: Axel Schmidt/dapd)
Bild: dapd

Es sind prominente und erfolgreiche Autoren wie Martin Walser, Charlotte Roche oder Frank Schätzing, die ihre Urheberrechte in Deutschland in Gefahr sehen. "Wir sind Urheber" heißt der in der Wochenzeitung "Die Zeit" veröffentlichte Aufruf von mehr als 100 Künstlern, die gegen die zunehmende Aufweichung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter kämpfen wollen: "Das Urheberrecht ist eine historische Errungenschaft bürgerlicher Freiheit gegen feudale Abhängigkeit, und es garantiert die materielle Basis für individuelles geistiges Schaffen."

Diebstahl geistigen Eigentums?

Diese Errungenschaft  werde in der Öffentlichkeit zunehmend in Frage gestellt, beklagen die Verfasser des Aufrufs. Sie sehen ihre Lebensgrundlage bedroht, wenn immer mehr Nutzer im Netz Musikstücke, Videos und E-Books austauschen, ohne die Urheber finanziell zu beteiligen. Nur durch das Urheberrecht werde Künstlern ermöglicht, von ihrer Arbeit auch zu leben. Denjenigen, die sich für eine Reform des bisherigen Urheberrechts einsetzen, unterstellen die Unterzeichner: "den profanen Diebstahl geistigen Eigentums legalisieren zu wollen".

Schriftsteller Frank Schätzing auf der Frankfurter Buchmesse 2009 Foto: dpa /Uwe Anspach
Bestsellerautor Schätzing hat den Aufruf unterzeichnetBild: DPA

Angesprochen fühlen kann sich vor allem die Piratenpartei, die sich für eine weitgehende Reform des Urheberrechts einsetzt. Für die junge Partei ist das private, nicht-kommerzielle Kopieren von Texten, Musik oder anderen Kunstwerken kein Diebstahl. "Die Songs, die am meisten gedownloadet werden, werden auch am meisten gekauft", argumentiert Bruno Kramm, Experte für Urheberrecht bei der Piratenpartei.

Eine Einstellung, die die Verfasser des Appells mit scharfen Worten kritisieren: "Die alltägliche Präsenz und der Nutzen des Internets in unserem Leben kann keinen Diebstahl rechtfertigen und ist keine Entschuldigung für Gier oder Geiz." Dieser Ansicht haben sich auf der Seite www.wir-sind-die-urheber.de bereits Hunderte von weiteren Unterstützern angeschlossen.

Papierfaehnchen der Piratenpartei Foto: Tim Riediger/dapd.
Die Piratenpartei setzt sich für eine Reform des Urheberrechts einBild: dapd

"Wir wollen das Urheberrecht nicht abschaffen"

Mit den Schlagworten "Gier" und "Geiz" kann Piratenmitglied Kramm dagegen wenig anfangen. Ganz so einfach, wie die prominenten Autoren es in ihrem Aufruf darstellten, sei die Sachlage nicht. Statt mit Polemik Fronten aufzubauen, solle man offen diskutieren, wie die unterschiedlichen Interessen der Künstler im Bereich der Literatur oder Musik, der Verlage und Verbände, und die der Internetuser berücksichtigt werden könnten. "Wir sind die Urheber" - diese Selbstdefinition stimme heute nicht mehr. Prominente Autoren, Musiker oder Schauspieler bekämen von ihren Verlagen gute Konditionen. Für das Gros der Künstler, egal ob Schauspieler, Schriftsteller oder Musiker treffe dies aber nicht zu. Diese Künstler könnten von einer Reform des Urheberrechts erheblich profitieren.

"Uns geht es nicht um die Abschaffung des Urheberrechts, wir wollen es aber grundlegend reformieren, damit es in der heutigen Zeit nicht dauernd mit dem Internetnutzer kollidiert", fasst Kramm die Forderungen seiner Partei zusammen.

Wo bleiben die Interessen der Nutzer?

Was das in der Praxis bedeutet? Die Piraten wollen zum Beispiel kürzere Regelschutzfristen für Werke. Derzeit gilt ein Text oder ein Musikstück erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers als gemeinfrei – kann also ohne Einschränkungen kopiert und genutzt werden. Auch die Entwicklung von neuen Bezahlmodellen für die Internetnutzung von Kunst wollen die Piraten fördern.

Ein Berechtigungsvertrag des Musikrechte-Verwerters Gema vor dem Logo des Videoportals YouTube Foto: Marcus Brandt dpa/lno
Der Musikrechte-Verwerter Gema streitet sich seit Jahren mit Internet-Hostern wie YouTubeBild: picture-alliance/dpa

Und auch viele Netznutzer haben sich inzwischen zu Wort gemeldet. Unter dem Motto "Wir sind die Bürgerinnen und Bürger" fordern sie, die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, "dass die Interessen der Urheber gewahrt bleiben – und dass gleichzeitig möglichst viele Menschen diese Regeln als gerecht empfinden und sich daran halten. Nur so kann die Akzeptanz für den Wert urheberrechtlich geschützter Inhalte gesteigert werden!"