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"Ein sehr primitiver Anschlag"

Gero Schließ, Washington D.C.16. April 2013

Islamistische Fanatiker oder ein Rechtsextremist aus dem eigenen Land - wer steckt hinter den Anschlägen in Boston? Fragen an den ehemaligen CIA-Mitarbeiter Joseph Wippl, Professor an der Boston University.

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Professor Joseph Wippl (Foto: Boston University / bu.edu)
Professor Joseph WipplBild: bu.edu

DW: Herr Wippl, haben die Sicherheitsbehörden nach den Bombenanschlägen von Boston Ihrer Einschätzung nach bisher gut gearbeitet?

Wippl: Ja auf jeden Fall. Ich glaube im Moment gibt es sehr intensive Ermittlungen, um herauszufinden, wer für die Bombenanschläge verantwortlich ist. Die Sicherheitsdienste arbeiten gut zusammen. Und sie kommen nicht mit Schlussfolgerungen an die Öffentlichkeit; denn es ist zu früh für solche Schlussfolgerungen.

Die Polizei hat ja sehr früh mitgeteilt, dass sie im Vorfeld keine Anhaltspunkte für einen Anschlag hatte. Lässt das nicht auf Fehlleistungen schließen?

Man kann niemals völlig sicher sein, das ist unmöglich. Und es gibt immer Menschen, die terroristische Attacken planen. Viele von ihnen werden gestoppt oder vorher aufgedeckt, aber man kann nicht 100-prozentig sicher sein.

Sie sagten, dass Sie zufrieden sind mit der bisherigen Leistung der Sicherheitsbehörden. Was macht Sie so sicher?

Die Art des Anschlags war eher primitiv. Das war kein ausgefeilter Anschlag wie etwa 9/11 oder wie die Anschläge in Madrid im Jahre 2004 und auf die Londoner U-Bahn im Jahre 2005. Das waren ziemlich primitive Explosionen bei einem hochkarätigen Ereignis wie dem Boston Marathon. Das ist einer der Gründe, warum ich glaube, dass es die Tat einiger weniger lokaler Täter war. Und noch mal, bei so vielen potenziellen Zielen wie in den USA kann man niemals hundertprozentig sicher sein.

Sie nehmen also an, dass es sich nicht um die Attacke einer internationalen Terrorgruppe wie Al Kaida handelt?

Das würde ich nicht sagen. Ich würde sagen, es könnte sein. Aber es war ein sehr primitiver Anschlag auf der Ebene einer kleinen Zelle und keine Attacke, bei der Tausende von Menschen hätten getötet werden können.

Nach den Erfahrungen von 9/11 wurde die amerikanische Sicherheitsarchitektur umgebaut, was sich jetzt offensichtlich bewährt hat. Was hat sich geändert?

Ich würde sagen, es haben sich zwei Dinge geändert. Heute sind viel mehr Mitarbeiter im Sicherheitssektor beschäftigt. Die finanzielle Ausstattung der Sicherheitskräfte in den Vereinigten Staaten und im Rest der Welt wurde außerordentlich aufgestockt, um diese Art von terroristischen Anschlägen zu stoppen. Ich würde außerdem sagen, dass es einen viel besseren Informationsaustausch zwischen den lokalen und den Bundesbehörden gibt. Auch zwischen den USA und den internationalen Partnern.

Es gibt jetzt ja auch seit dem Jahre 2004 das Amt des Director of National Intelligence. War das auch eine wichtige Neuerung?

Ja, auf jeden Fall. Es gibt einen viel besseren Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Sicherheitsagenturen wie den lokalen Behörden, dem FBI, der CIA und der National Security Agency.

Der Präsident sprach heute zum amerikanischen Volk und er sagte, dass seine Regierung alles tun werde, um die lokalen Sicherheitskräfte zu unterstützen. Glauben Sie, dass er das mit Berechtigung sagen konnte?

Ja, er kann das so sagen. Die Fähigkeiten und die Kapazitäten von FBI und anderen Bundesbehörden sind exzellent, wirklich erste Klasse.


Das Interview führte Gero Schließ.