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Winterkorn in neuen Erklärungsnöten

15. Januar 2017

Im Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen verdichten sich die Hinweise, dass Ex-Vorstandschef Winterkorn früher als bisher bekannt über die Vorgänge informiert war. Und er sei "erstaunlich ruhig" geblieben.

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Abgas-Affäre Volkswagen Video-Statement von Martin Winterkorn
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Im VW-Abgasskandal sollen bisher unbekannte interne Dokumente den früheren Konzernchef Martin Winterkorn belasten. Diese seien ihm am 27. Juli 2015 bei einer Sitzung in Wolfsburg präsentiert worden, berichtet die "Bild am Sonntag" (BamS).

Ein Teilnehmer der Sitzung im Juli 2015 sagte demnach der Zeitung: "Wir haben darüber gesprochen, dass etwas Illegales in unsere Autos installiert wurde." Nach BamS-Informationen diskutierte die Runde darüber, ob und wann man den US-Umweltbehörden den Abgasbetrug gestehen solle. Dabei seien "Chancen" und "Risiken" abgewogen worden. So rechnete VW bei einem "defensiven" Vorgehen mit einer sicheren Zulassung für neue Modelle, allerdings auch mit "sehr hohen Strafzahlungen". Man sei sich aber einig gewesen, die Angelegenheit "offensiv" anzugehen - mit geringeren Strafzahlungen, aber einer unsicheren Zulassung neuer Modelle.

"Du und deine Software!"

Winterkorn sei bei der Sitzung erstaunlich ruhig geblieben, berichtete der Teilnehmer laut BamS. Der VW-Boss habe später in der Sitzung lediglich zu einem Techniker, der die Betrugssoftware mitentwickelt hatte, gesagt: "Du und deine Software!" Bisher haben Winterkorn und die VW-Konzernspitze stets betont, erst im September 2015 von den Abgas-Manipulationen erfahren zu haben.

Gegen Winterkorn und andere Manager wird wegen des Verdachts der Marktmanipulation ermittelt. Sie sollen die Finanzmärkte im Herbst 2015 zu spät über den Abgasskandal informiert haben. Anleger klagen deswegen auf Schadenersatz in Milliardenhöhe, weil die VW-Aktie nach Bekanntwerden des Skandals auf Talfahrt ging. Winterkorn war Ende September 2015 im Zuge des Abgasskandals zurückgetreten, hatte aber betont, sich keines Fehlverhaltens bewusst zu sein.

Sogar noch früher im Bilde?

Der Recherche-Verbund, dem der Norddeutsche Rundfunk (NDR), der Westdeutsche Rundfunk (WDR) und die "Süddeutsche Zeitung" angehören, hatte am Samstag berichtet, Kronzeugen hätten im Gespräch mit US-Ermittlern ausgesagt, schon 2012 und 2014 mit einem engen Vertrauten Winterkorns über eine illegale Software in den Diesel-Fahrzeugen auf dem US-Markt gesprochen zu haben. Einer der Zeugen sagte, er sei davon ausgegangen, dass dies an den Vorstandschef weitergereicht werde.

Der Abgasskandal hatte VW in eine schwere Krise gestürzt. Der Autobauer hat sich inzwischen nach einem langen Ringen mit den US-Behörden auf Vergleiche in Milliardenhöhe geeinigt. Sechs frühere und aktuelle VW-Manager sind in den USA angeklagt, einer von ihnen sitzt dort in Haft.

Am kommenden Donnerstag (19.01.2017) will Winterkorn vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages erscheinen. Der Ausschuss soll vor allem klären, seit wann die Bundesregierung von den Manipulationen Bescheid wusste und wie eng die Zusammenarbeit zwischen Politik und Autolobby war.

wa/ml (dpa, afp)