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Wenders: "Der Papst ist ganz schön Rock'n'Roll"

Gerhard Sonnleitner
15. Mai 2018

Wim Wenders ist schwer beeindruckt vom Papst. Mit seinem Dokumentarfilm "Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes" wolle er zeigen, dass dieser Mensch die Welt verändern könne, sagt der Regisseur im DW-Interview.

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Wim Wenders steht neben dem sitzenden Papst
Bild: W. Wenders

DW: Was hat Sie gereizt, diesen Film über Papst Franziskus zu machen?

Wim Wenders: Zu erleben, wie fantastisch dieser Mann kommuniziert und wie er sich auf jeden einlässt und etwas schafft, was nur wenige Menschen können: nämlich sich einzulassen und liebevoll da zu sein für jemand anderen. Und dann hab ich gedacht: Dieses Privileg, acht Stunden lang Auge in Auge mit diesem Mann zu sein, das kann ich nicht für mich behalten. Dann haben wir den Film so gedreht, dass diese unmittelbare Kommunikation, diese Verbindung, jeden Zuschauer erreicht und, dass der Papst jetzt also jeden, der den Film sieht, so anguckt.

Was möchten Sie mit diesem Film bewirken?

Ich hab mir gedacht, der Mann hat so viel vor und der ist mit solch einem großen Anspruch angetreten, indem er sich Franziskus genannt hat - und das war ein Revolutionär damals und der wäre auch heute noch ein Visionär; das war der allererste Mensch, der gesehen hat, es läuft was schief zwischen der Natur und uns. Franziskus wäre heute ein Ökologe an vorderster Front. Dass der Papst sich diesen Namen ausgesucht hat, war von Anfang an ein krasses Programm. Und dass er den Mut hat, dazu zu stehen, dass er gegen jeden Widerstand für soziale Gerechtigkeit, gegen Ausgrenzung und vor allem gegen diese entsetzliche Ausbeutung unseres Planeten kämpft und dagegen, dass die Leidtragenden dieser ökologischen Katastrophe die Ärmsten der Armen sind. Die Reichen betrifft das nicht so, die leben auf den Hügeln, wo nichts passiert. Aber seine Solidarität mit den Ausgestoßenen und Armen und seine Solidarität mit der Ärmsten der Armen, nämlich Mutter Erde, hat uns alle umgehauen. Und jeder, der den Film sieht, ist davon emotional betroffen. Dieser Papst hat eine unglaubliche Power, jeden mit seiner einfachen Botschaft wirklich aufzurütteln.

Papst Franziskus umarmt einen Flüchtlingsjungen
Andere ziehen Zäune zur Abschreckung gegen Flüchtlinge, Papst Franziskus umarmt sieBild: Reuters/G. Borgia

Sie wollten eigentlich selbst Priester werden, dann kam der Rock'n'Roll dazwischen. Ist der Papst der letzte Punk, der noch versucht, die Gesellschaft zu verändern?

Er ist ganz schön Rock'n'Roll, finde ich. Und der Mut, mit dem er das macht, dass dahinter manchmal immer noch so eine jugendliche Fröhlichkeit rausblitzt, er lacht ja auch gerne. Und dann hat er manchmal auch was Verschmitztes, und er nimmt sich auch nicht so verdammt ernst wie viele andere. Und er hat eine moralische Integrität. Das ist ja etwas, das man kaum noch sagen kann heute. Man denkt ja, das ist ganz den Bach runtergegangen, weil die Herrschenden dieser Welt moralische Zwerge sind. Wir haben eine Weltsituation, in der überall Menschen an der Macht sind, die überhaupt nicht dazu befugt oder in der Lage sind, Menschen irgendwie zu leiten, zu führen, ein Vorbild zu sein. Und dann gibt es endlich einen, dem man mit einer anderen Glaubwürdigkeit vertrauen kann. Jeder, der sich diesem Papst und seinen Worten in dem Film aussetzt, will hinterher Teil der Veränderung sein.

Screenshot Facebook - Selfie mit Papst
Der Papst ist volksnah und immer für ein Selfie bereit Bild: Facebook/Daniel Bashir

Welchen Stellenwert hat dieser Film für Sie?

Ich bin ja im fünften Jahrzehnt in Cannes [wo der Film am 13. Mai Premiere feierte, Anmerkung d. Red.]. Ich war mit vielen Filmen hier, aber es war immer was Persönliches, wofür ich verantwortlich bin, was ich in die Welt gesetzt habe. Mit diesem Film ist das schon was anderes. Der Film wollte von Anfang an ein Sprachrohr sein für die erstaunliche Message dieses Mannes. Ich wollte mit der Welt teilen, dass ich der Meinung bin, dass dieser Mensch mehr als jeder andere in diesem Moment auf dem Planeten die Welt verändern kann.

Das Interview führte Gerhard Sonnleitner.