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Fußball-Abenteuer Vietnam

26. Juli 2010

William Anane ist der erste Deutsche in Vietnams höchster Fußball-Liga. Der drittligaerfahrene Deutsch-Ghanaer spielt seit Mai für den Verein Hòa Phát in der Hauptstadt Hanoi – und ist glücklich mit seiner Entscheidung.

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Willima Anane am Rande des regulären Trainings im Juli 2010 (Foto: Hendrik Heinze)
William Anane beim TrainingBild: Hendrik Heinze

Vietnam ist ein Land im Rausch. Hochhäuser schießen aus dem Boden, die Wirtschaft ist eine der dynamischsten des Kontinents, und auch die Fußball-Liga "V-League" hat große Pläne.

4. Juli 2010, 17. Spieltag im Hang Day Stadion, Hanoi. Hoa Phat gewinnt vor wenigen hundert Zuschauern 3-1 gegen Navibank Saigon (Foto: Hendrik Heinze)
Leere Ränge: Hòa Phát besiegt Navibank Saigon mit 3:1Bild: Hendrik Heinze

Nun hat der erste Profifußballer aus Deutschland seinen Vertrag in Vietnam unterschrieben: Der drittligaerfahrene Deutsch-Ghanaer William Anane aus dem hessischen Wöllstadt spielt seit Mai 2010 für den Verein Hòa Phát Hanoi. Für ihn ist es ein goldener Karriereherbst, erzählt er: "Ich hab zu meinem Manager gesagt, ich würde einmal noch ins Ausland gehen, aber nur wenn sich das finanziell lohnt. Dann rief er mich an: 'Würdest Du dir zutrauen nach Vietnam oder China zu gehen?' Ich habe ihn dann gefragt wo es das meiste Geld gibt, das hört sich jetzt ein bisschen blöd an... Im Mai haben die Vietnamesen dann zwei Spieler ausgewählt, darunter zum Glück mich. Und seitdem bin ich hier."

"Als Weißer hätte ich es schwer gehabt"

Links Isaac aus Uganda, der inzwischen die vietnamesische Staatsbürgerschaft angenommen hat. In der Mitte William Anane aus Deutschland, geboren in Ghana. Rechts der Weltenbummler Francois aus Kamerun. Vietnam ist das siebte Land, in dem er spielt (Foto: Hendrik Heinze)
International: Isaac (Uganda), William (Deutschland), Francois (Kamerun) (v.l.)Bild: Hendrik Heinze

William Anane ist fröhlich, wenn er von seinem Wechsel spricht. Das mag an seinem Kontoauszug liegen, an seinem heiteren Wesen oder an der Tatsache, dass sich der 30-Jährige wohlfühlt bei Hòa Phát. Der Stürmer mit dem sympathischen Lachen hat meist in der Nähe seiner hessischen Heimat gespielt: Eintracht Frankfurt, Sandhausen, Ingolstadt. In Hessen wollte er auch seine Karriere aus­klingen lassen – doch dann lockte Hanoi.

Die "V-League" will mit Hilfe ausländischer Profis zu einer Adresse im Welt­fußball werden. Drei Dutzend Brasilianer spielen schon in Vietnam, dazu rund 40 Afrikaner – und nun William, Deutscher durch und durch, mit dunkler Hautfarbe und afrikanischem Pass. "Die gucken hier schon nach Hautfarbentypen", sagt William, "Ich bin ja ursprünglich aus Ghana. Wenn ich weiß wäre, hätte ich es schwer gehabt, einen Vertrag zu bekommen. Die Vietnamesen gehen davon aus, dass hellhäutige Europäer das Klima nicht so gut aushalten wie dunkelhäutige."

Erst das Tor, dann der Respekt

Das Spielerwohnheim von Hoa Phat. Foto: Hendrick Heinze
Spielerwohnheim von Hòa PhátBild: Hendrik Heinze

William tritt in Vietnam in große Fußstapfen: Im Jahr 2009 kam Denilson nach Vietnam, 2002 Fußball-Weltmeister mit Brasilien. Der ehemals teuerste Spieler der Welt hielt es in der "V-League" genau ein Spiel lang aus.

Auch William muss kämpfen: Das Spiel in Vietnam ist sehr körperbetont, das Training hart, die Hitze kaum erträglich. Und auch die vietnamesischen Mitspieler waren zunächst alles andere als aufgeschlossen, erzählt William. Er muss sich ihren Respekt erst verdienen – er tut es an einem kochend heißen Juli-Sonntag mit seinem ersten Tor, das 4:2 gegen den Favoriten Becamex Bình Du'o'ng. Deren Trainer verliert nach der unerwarteten Niederlage seinen Job – und William tritt seine Aufgabe mit diesem Tor erst so richtig an, wie er selber sagt: "Vorher wussten die nichts über mich – außer, dass ich aus Deutschland komme. Ich habe fast zwei Monate gebraucht, um mich an das Klima und das Leben anzupassen. Jetzt hat es geklappt mit dem Tor, und nun hoffe ich, dass es bis Ende 2011 so weitergeht und alle mit mir zufrieden sind.“

Mehr Geld als der deutsche Botschafter

William Anane und sein Mitbewohner Ðào Xuân Thành vor ihrem Zimmer im Spielerwohnheim (Foto: Hendrik Heinze)
William und Mitbewohner Ðào Xuân ThànhBild: Hendrik Heinze

William verdient in Vietnam mehr Geld als der deutsche Botschafter. Aber die Regeln sind streng: Ab 22 Uhr müssen William und sein Zimmergenosse in ihrem kleinen Doppelzimmer bleiben, im Apartment nebenan schläft der Trainer. William ist dennoch fröhlich. Er liebt den Fußball, das verbindet ihn mit den meisten Vietnamesen. Und er hat sich bei diesem Karriereschritt etwas gedacht – das schützt ihn gegen Enttäuschung, Frust und Heimweh.

Der Vereinsname Hòa Phát bedeutet auf Deutsch "Harmonie und Entwicklung" – es könnte die Über­schrift sein für William Ananes aufregendste Karrierestation. Schon fragen ihn die ersten Kollegen aus Deutschland, wie es sich lebt im fußballverrückten, aber nicht einfachen Vietnam. Mir gefällt es gut, antwortet William dann.

Autor: Hendrik Heinze
Redaktion: Stefan Nestler