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Der Lauf seines Lebens

23. August 2009

Am 9. August 1983 krönte 800-Meter-Läufer Willi Wülbeck seine Karriere mit dem WM-Titel im finnischen Helsinki. In noch heute gültiger deutscher Rekordzeit holte er das erste Gold für die deutschen Männer überhaupt.

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Leichtathlet Willi Wühlbeck bei der WM 1983 in Helsinki Foto: Bajzat dpa
Willi Wülbek 1983 in HelsinkiBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

"Das Beste kommt ganz Schluss". Unter dieser Überschrift könnte ein Buch erscheinen, das von der Karriere des Mittelstreckenläufers Willi Wülbeck erzählt. Er war 1973 Vize-Jugendeuropameister und hatte zehn Mal in Folge den deutschen Meistertitel erlaufen. Außerdem war er bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal als Vierter knapp an einer Medaille vorbeigeschrammt. Doch sein Traum von einem internationalen Titel wurde erst im Alter von 28 Jahren bei der WM 1983 in Helsinki wahr.

Willi Wülbeck 1976 in Montreal
Willi Wülbeck (mi.) 1976 in MontrealBild: picture-alliance / dpa

Der Außenseiter hatte am Ende tatsächlich alle Konkurrenten abgehängt. Für Wülbeck war es "der Lauf meines Lebens". Im Jahr zuvor war er bei der Europameisterschaft noch Letzter geworden. Vor der WM hatte fast niemand mehr auf ihn gewettet, aber Wülbeck hatte an sich geglaubt: "Ich wollte die Schmach von 1982 ausgleichen. Ich wusste, dass das meine letzte Chance auf einen großen Titel war. Und ich wusste auch, dass ich gut in Form war. Im Rennen merkte ich dann, dass ich mehr drauf habe, als die anderen. Ausgangs der letzten Kurve habe ich den "Nachbrenner" gezündet und meine Stärke im Schlussspurt voll ausgenutzt."

Ein deutscher Rekord für die Ewigkeit?

Im Laufe seiner Karriere hatten ihn in Tiefphasen Schlafstörungen und Depressionen geplagt. Doch als er in Helsinki als erster über die Ziellinie stürmte, war all das vergessen. Willi Wülbeck verspürte nur noch eine riesige Genugtuung: "Im Ziel war das Glücksgefühl groß. Da habe ich gedacht, das gibt es nicht, jetzt bin ich einer von den ganz Großen. Einmal selbst ganz oben zu stehen und beachtet zu werden, das war schon eine große Anerkennung für mich. Da fühlte ich mich ein bisschen so wie Carl Lewis, nur dass der noch von einem ganz anderen Kaliber war als ich."

Im WM-Endlauf in Helsinki stellte Wülbeck in 1:43,65 Minuten einen deutschen Rekord auf, der in all den Jahren danach nie geknackt wurde. Selbst Nils Schumann, der Olympiasieger von Sydney 2000, biss sich an dieser Zeit die Zähne aus. Wülbeck ist das nur recht. Er meint, dass ihm der Rekord noch immer gut zu Gesicht steht: "Da schwingt mittlerweile schon ein gewisser Stolz mit. Ich habe mal gesagt, dass ich nichts dagegen hätte, wenn der Rekord noch 50 Jahre übersteht. Aber ich wäre auch nicht total unglücklich, wenn die Zeit gebrochen würde. Ich weiß nur, dass es schwierig ist. Einige sind ja schon knapp dran gekommen, aber eben nicht ganz."

Olympiaboykott 1980 trifft Wülbeck hart

Willi Wülbeck heute
Willi Wülbeck heuteBild: picture-alliance / Sven Simon

Dass Wülbeck nicht vielleicht schon vor seinem WM-Triumph von 1983 eine Medaille bei einem internationalen Wettkampf einsacken konnte, darf er getrost dem Olympiaboykott 1980 zuschreiben. Im Jahr der Spiele von Moskau war er in toller Form, wie sein ebenfalls noch heute gültiger deutscher Rekord über 1000 Meter (2:14,5 Minuten) beweist: "Vielleicht wäre ich über 800 Meter in Moskau unter den ersten drei gewesen. Und wer weiß, ob ich unter Umständen mit meinem harten Endspurt nicht auch den Sieg herausgelaufen hätte. Aber wir waren ja nicht dabei."

Im Alter von 54 Jahren würde Willi Wülbeck heute aber selbst bei einem Prominenten-Rennen höchstens einen Blumentopf gewinnen, glaubt er: "Wenn ich jetzt 800 Meter laufen würde, würde ich vielleicht 2:40 Minuten laufen und wäre dann schon ziemlich am Ende. Das wäre wirklich schwach. Aber so ist das, wenn man nur noch Joggingtempo gewohnt ist. Dann passt sich der Körper immer mehr nach unten an."

Willi Wülbeck organisiert heute mit einer Sportmarketing-Agentur unter anderem Veranstaltungen. Außerdem arbeitet er als Fitnesstrainer und betreut hoffnungsvolle Nachwuchs-Lauftalente im Ruhrgebiet.

Autor: Uli Petersen
Redaktion: Calle Kops