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Wiederbelebung

17. Februar 2009

Frank-Walter Steinmeier ist der erste deutsche Außenminister seit 22 Jahren, der in den Irak reist. Er will vor allem die Wirtschaftsbeziehungen ankurbeln, die seit dem Krieg 2003 wegen der Sicherheitslage brachliegen.

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Steinmeier und Nouri al-Maliki. Quelle: ap
Steinmeier traf auf den irakischen Premier Nouri al-MalikiBild: AP

Aus Sicherheitsgründen war sein Besuch im Vorfeld nicht angekündigt worden. Als Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Dienstag (17.02.2009) in Bagdad eintraf, herrschte dort höchste Sicherheitsstufe. Bei seinem Besuch führt er Gespräche mit seinem irakischen Amtskollegen Hoschjar Sebari und Präsident Dschalal Talabani. Sebari nannte den Besuch "wichtig" und sprach von einer "Wiederbelebung der eingeschlafenen Beziehungen". Außerdem sind Treffen mit Menschenrechtsministerin Widschdan Salim und christlichen Geistlichen geplant.

Nach Informationen des Auswärtige Amtes stehen die Beziehungen beider Länder sowie die aktuelle Lage im Irak und der Region im Mittelpunkt des Besuchs. Vor seinem Abflug hatte der Vizekanzler die irakische Regierung noch für ihre Erfolge bei der politischen Stabilisierung des Landes gelobt: "Meine Reise zeigt: Wir wollen diesen neuen Irak auf dem Weg der demokratischen Konsolidierung und des friedlichen Ausgleichs zwischen Religionen und Ethnien unterstützen."

Deutsches Engagement ausweiten

Bislang beschränkte sich die Kooperation zwischen der Bundesregierung und dem Irak auf kleinere Projekte, unter anderem zur Schulung von Angehörigen der Sicherheitskräfte. Jetzt will Deutschland sein Engagement ausbauen, Steinmeier will jetzt die Unterstützung für Infrastrukturprojekte ausloten, auch soll es Kooperationen in den Bereichen Wirtschaft und Bildung geben. Dazu zählt unter anderem ein "Servicebüro Wirtschaft Bagdad". Das Büro geht auf eine Initiative des Auswärtigen Amts und des Wirtschaftsministeriums zurück.

Einkaufszentrum in der irakischen Stadt Erbil, Foto: dpa
Erbil: Ein guter Anknüpfungspunkt für deutsche UnternehmenBild: picture-alliance/dpa

Der irakische Ministerpräsident Maliki forderte deutsche Unternehmen auf, sich stärker in seinem Land zu engagieren. "Es wäre großartig, wenn sie sich am Wiederaufbau noch mehr beteiligen würden", sagte er und lobte die bisherigen Erfolge Deutschlands beim Wiederaufbau. Wie die Japaner hätten deutsche Firmen einen besonders guten Ruf im Irak. So habe sich die irakische Regierung bereits mit deutschen Firmen darauf geeinigt, ein neues Schienensystem im Irak zu bauen. Die Sicherheitslage habe sich deutlich verbessert, versicherte Maliki.

Der Norden ist sicher

In den 1960er und 1970er Jahren war Deutschland für den Irak einer der wichtigs­ten Handelspartner, heute liegt er IHK-Angaben zufolgen auf Platz 100 der deutschen Außenhandelspartner. Dennoch seien die Voraussetzungen, alte Kontakte wiederzubeleben, gut, sagt der Außenwirtschaftsexperte Alexander Hoeckle von der Industrie- und Handelskammer (IHK). Rund 320 Millionen Euro Umsatz haben deutsche Exporteure im Jahr 2007 durch Geschäfte mit dem Irak erzielt. Doch die Sicherheitslage hält nach wie vor viele Unternehmen von Investitionen in dem Zweistromland ab.

Für erste Kontakte hält es Hoeckle für sinnvoll, über den relativ sicheren Norden in diesen Markt einzusteigen. Die Föderale Region Kurdistan sei der erste irakische Distrikt, für den die Reisewarnung des Bundesaußenministeriums nur noch eingeschränkt gilt. Während in Bagdad die deutsche Botschaft noch immer geschlossen ist, wurde in Erbil bereits ein deutsches Generalkonsulat eröffnet.

Es geht auch um Menschenrechte

Ex-Wirtschaftsminister MIchael Glos im Juli 2008 im Irak, Foto: AP
Hatte sich für die deutsch-irakischen Beziehungen eingesetzt: GlosBild: AP

Neben Wirtschaftsfragen soll es bei Steinmeiers Besuch aber auch um Menschenrechtsfragen und die Flüchtlingsproblematik im Irak gehen. Im Land leben rund 2,7 Millionen Binnenflüchtlinge, rund zwei Millionen weitere Iraker flohen seit der US-Invasion im März 2003 in die Nachbarländer Syrien und Jordanien. Deutschland hatte Ende vergangenen Jahres zugesagt, 2500 irakische Flüchtlinge aufzunehmen.

Steinmeiers Besuch ist der erste eines deutschen Außenministers im Irak seit 1987. Als erstes deutsches Regierungsmitglied nach der US-Invasion im Irak hatte im Juli 2008 der damalige Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) das Land besucht. Der aktuellen deutschen Delegation gehören auch Wirtschaftsvertreter sowie die Bundestagsabgeordneten Otto Schily (SPD) und Peter Gauweiler (CSU) an. Der Besuch wird von vielen Beobachtern als Beginn einer neuen Ära in den bilateralen Beziehungen gesehen. Als Gründe für diese Trendwende nennt das Außenministerium den Regierungswechsel in Washington, die zunehmende Eigenständigkeit der irakischen Regierung, die Verbesserung der Sicherheitslage und Fortschritte im politischen Prozess. (ina)