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Eindrücke aus China

27. Juli 2009

China ist dieses Jahr Gastland der Frankfurter Buchmesse. Doch was können Autoren angesichts der Zensur schreiben? Deutsche Journalisten haben während einer Reise Eindrücke gesammelt.

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Buchtitel in einem Laden in Peking (Foto: Silke Ballweg)
Buchhandlung in PekingBild: DW

Lange haben chinesische Verleger sie als Bücherkonsumentinnen wenig ernst genommen: junge Mädchen zwischen 11 und 15 Jahren. Dabei sind gerade sie eine äußerst lesefreudige Zielgruppe. Der Verleger Lu Jingbo sah hier vor einigen Jahren seine Chance. Der überaus smarte Anfang-Dreißiger beschloss damals, Bücher für Mädchen zu machen. Per Internet suchte er eine hübsche junge Frau, die als Autorin fungieren sollte und der er dann, zusammen mit seinem Team, das Schreiben beibrachte. Für jedes Buch bekam sie ein mehrseitiges Exposé, in dem die Handlung und die Personen, die vorkommen sollten, genau skizziert waren. "Damit setzte sie sich dann hin und schrieb es so, wie wir es wollten", so Lu Jingbo.

Reform der Verlagslandschaft

Kinder in einer Buchhandlung in Peking (Foto:Silke Ballweg)
Die Leser von morgenBild: DW

Lu Jingbos Strategie ging auf. Die Bücher von Gui Ni waren ein großer Erfolg, allein im Jahr 2006 verkaufte der Verlag insgesamt vier Millionen Exemplare in China. Es ist ein eindrucksvolles Beispiel für das bizarre Phänomen, dass sich ausgerechnet unter der Ägide der kommunistischen Partei das Streben nach dem großen Geld ungehemmt entfaltet hat - auch auf dem Buchmarkt.

Offiziell gibt es in China rund 570 staatliche Verlage. Nur sie erhalten die für die Publikation eines Buches notwendigen ISBN-Nummern. Doch schon seit Jahren verkaufen viele staatliche Verlage diese Nummern an private Verleger, die damit dann ihre eigenen Bücher drucken. Dieser Bereich soll nun reformiert werden, Chinas Regierung will die privaten Verlage offiziell anerkennen und zugleich die Staatsverlage in börsennotierte Unternehmen transformieren.

Was ist mit der Zensur?

Ai Weiwei, international einer der bekanntesten Künstler aus China, hat keine Scheu vor deutlichen Worten. Leicht konsumierbare Ware dominiere den Buchmarkt, sagt er. Angesichts der Zensur sei nichts anderes möglich. "Bücher, überhaupt der gesamte Publikationsbereich, das ist die Sparte, die am stärksten geschädigt ist", sagt er. Es werde alles kontrolliert, deshalb entstehe kaum etwas qualitativ Gutes. Die Zensur habe der Literatur "einen unvorstellbaren Schaden" zugefügt.

Ai Weiwei in seinem Atelier in Peking (Foto: Silke Ballweg)
Ai Weiwei im Gespräch mit JournalistenBild: DW

Wu Shulin sieht das anders. Er ist der Vize-Direktor der "General Administration of Press and Publication" (GAPP). Die Institution ist für die Organisation des Gastlandauftritts in Frankfurt zuständig, gilt aber auch als Chinas Zensurbehörde. Auf die Fragen der ausländischen Journalisten reagiert Wu Shulin routiniert. Die chinesische Verfassung garantiere Meinungs- und Pressefreiheit, betont er, nur manche Themen dulde man einfach nicht. Man lasse keine Bücher zu, die die Stabilität und die Einheit Chinas gefährdeten oder die "teuflische Kulte verbreiten wollten". Themen wie Taiwan oder Tibet fallen also ebenso unter die Zensur wie Texte von und über Falun Gong.

Die Grenzen sind fließend

Bei der Verhinderung unliebsamer Texte setzt die Pekinger Regierung auf die Selbstzensur der Verlage. Kommt ein Buch auf den Markt, das anschließend verboten wird, müssen die Verlage die entsprechenden Exemplare auf eigene Kosten aus den Buchhandlungen entfernen lassen. Um das zu vermeiden, lassen die meisten von Anfang an die Finger von heiklen Themen. Aber sowohl die Grenzen der Zensur als auch die der Kontrollen sind fließend. Bücher, die auf dem chinesischen Festland nicht erscheinen dürfen, werden häufig in Hongkong oder Taiwan gedruckt und in China dann unter der Ladentheke verkauft. Und englische Übersetzungen von verbotenen Büchern sind in manchen Pekinger Buchläden sogar ganz offen zu haben.

Autorin: Silke Ballweg
Redaktion: Petra Lambeck