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Wie sich die Zeiten ändern

Wolter von Tiesenhausen5. Dezember 2003

Über den Chinabesuch des deutschen Bundeskanzlers hat sich Wolter von Tiesenhausen so seine Gedanken gemacht.

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Der Bundeskanzler war in China und hat dort viele freundliche Worte für seine Gastgeber gefunden. Das nach dem Gemetzel am "Platz des himmlischen Friedens" gegen China verhängte Waffenexportverbot der Europäischen Union sollte aufgehoben werden. Die in Hanau von dem damaligen grünen Umweltminister Joseph Fischer geschlossenen Plutonium-Fabrik kann an China verkauft werden. Das kleine Taiwan wurde als Provokateur gescholten, weil es in seine Verfassung auch die Möglichkeit der Volksbefragung aufnehmen will. Der leicht irritierte grüne Koalitionspartner meldete Erklärungsbedarf an, hielt sich aber sonst mit Kritik zurück.

Vor acht Jahren noch war das ganz anders. Damals war auch ein Bundeskanzler in China und stattete der chinesischen Volksbefreiungsarmee einen Besuch ab. Die Reaktion bei Grünen und Sozialdemokraten war vernichtend. Der Kanzler - so wetterte Angelika Beer von den Grünen - handele nach dem Motto "Macht, Moneten und Militär contra Menschenrechte". Der damalige sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Rudolf Scharping fand, der Kanzler werde durch solche Besuche zum "Meister der falschen Symbole".

Doch dieses moralische Verdikt galt Helmut Kohl dem Christdemokraten, der sich strikt gegen Waffenlieferung an China ausgesprochen und gegenüber den Pekinger Machthabern für 15 inhaftierte Menschenrechtler eingesetzt hatte. Zu Gerhard Schröder dem Sozialdemokraten schweigen sie beharrlich, die sich damals so wortgewaltig entrüsteten.