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"Wie Madrid gegen Barcelona"

Joscha Weber23. November 2013

Die Liga blickt gebannt auf ein Spiel - das Top-Spiel Borussia Dortmund gegen Bayern München. Die DW vergleicht anhand von Spieldaten die Spielsysteme der Trainer - und sieht am Ende einen Favoriten.

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Zweikampf zwischen Franck Ribery und Lukasz Piszczek (Foto: Friso Gentsch/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es ist das Spiel der Spiele: Borussia Dortmund gegen Bayern München. Vizemeister gegen Meister. Champions-League-Finalist gegen Champions-League-Sieger. Tempofußball gegen maximalen Ballbesitz. Das Beste, was der deutsche Fußball derzeit zu bieten hat. Ja, liebe Puristen, es geht in der Tat auch in diesem Match nur um drei Punkte. Richtig ist aber auch, dass diese Partie richtungsweisend ist im Kampf um die Meisterschaft.

Gewinnen nämlich die bisher ungeschlagenen Bayern, ist zumindest die Herbstmeisterschaft praktisch schon entschieden, die Münchener hätten dann sieben Zähler Vorsprung auf den BVB. Die Bundesliga, die sich in der Vergangenheit immer ob ihrer Ausgeglichenheit rühmte, hofft im Sinne der Spannung also an diesem 13. Spieltag eher auf einen BVB-Sieg und schaut gebannt nach Dortmund.

Der deutsche Clásico

Dort macht ein Beteiligter den Stellenwert der Partie klar: Dortmund gegen München sei "wie Real Madrid gegen FC Barcelona", sagt Kevin Großkreutz. Der spanische "Clásico", einst das ultimative Spiel im Klubfußball, nun auf einem Level mit dem neuen deutschen "Klassiker"? Vieles spricht dafür. Zum Beispiel die vergangene Champions-League-Saison: Im Halbfinale schlug Dortmund Madrid und München gewann gegen Barcelona.

Münchens Mario Mandzukic (r) und Dortmunds Kevin Großkreutz (l) im Kopfballduell um den Ball. (Foto: Jonas Güttler)
Wichtiges Duell: Kann die neuformierte BVB-Abwehr um Kevin Großkreutz (l.) Bayerns Stürmer Mario Mandzukic stoppen?Bild: picture-alliance/dpa

Der deutsche Fußball gilt neuerdings dank dieser Erfolge und des berauschenden Offensivspiels der Nationalmannschaft, die zu einem großen Teil aus FCB- und BVB-Spielern besteht, als internationales Vorbild. Wenn die beiden deutschen Giganten am Samstagabend (18:30 Uhr MEZ im Liveticker auf dw.de/sport) aufeinandertreffen, wird die Welt zusehen, wer die Hoheit im deutschen Fußball hat.

Die Prognosen vor der Partie sind unterschiedlich: Während die Buchmacher Tabellenführer Bayern München als Favoriten der Partie sehen, tippt die Mehrheit bei einer Online-Umfrage des Fußballmagazins "Kicker" auf einen Dortmunder Sieg. Eine fundierte Antwort gibt ein Blick in die Spieldaten der beiden Teams, die das Statistik-Unternehmen Impire im Auftrag der DW errechnet hat.

Viel Ballbesitz gegen viel Laufarbeit

Die Ergebnisse geben Aufschluss, wie die Spielsysteme von BVB-Coach Jürgen Klopp und FCB-Trainer Pep Guardiola funktionieren und wo die Unterschiede liegen. Auffällig ist, dass der FC Bayern unter Guardiola noch stärker auf Ballhalten spielt: 66 Prozent Ballbesitz in den ersten zwölf Bundesligaspielen sind einsamer Ligarekord. Borussia Dortmund kommt als drittbestes Team der Liga "nur" auf 55 Prozent.

Darum gewinnen die Bayern gegen die Borussia (DW-Infografik)

Dies erklärt sich wiederum, wenn man sich das Dortmunder Spiel genauer ansieht: Der BVB macht mit 229 Sprints ligaweit die meisten Tempoläufe pro Spiel, legt hinter dem SC Freiburg (121 Km) die größte Laufstrecke pro Spiel zurück (118 km) und erzielt die zweitmeisten Kontertore der Liga (7). Jürgen Klopps Fußball-Philosophie von einem schnellen, offensiven und auf Balleroberung ausgerichteten Spiel erfordert also viel Laufarbeit - und führt zum Erfolg: 32 Tore schoss der BVB in zwölf Bundesliga-Partien und damit fünf mehr als der FC Bayern München.

Präzises Passspiel ein Plus für Bayern

Doch dessen Defensive arbeitet gründlicher als die Dortmunder Verteidigung. Nur sieben Gegentore kassierte München bisher, Dortmund bereits elf, was auch an der riskanteren Spielweise des BVB liegt. Der FCB dagegen scheint schon nach kurzer Zeit das Guardiola-Prinzip des präzisen Kurzpass-Spiels verinnerlicht zu haben. Nur 14 Prozent der Bayern-Pässe landen beim Gegner, während Dortmunder Abspiele eine Ungenauigkeit von 22 Prozent aufweisen. Ein weiteres Beispiel für die Zielgenauigkeit der Münchener: Nur dreimal trafen die Bayern-Spieler Pfosten oder Latte, Dortmunder Schüsse prallten dagegen achtmal auf Aluminium.

Zwei weitere Statistik-Argumente, die für einen Bayern-Sieg im Spitzenspiel sprechen, sind die Trefferquoten der Stürmer (FCB-Stürmer brauchen nur 3,9 Torschüsse für einen Treffer, BVB-Stürmer 5,2 Versuche) sowie die Effektivität bei Standardsituationen: Während die Bayern aus jedem dritten Standard ein Tor machen, gelingt dies der Borussia nur bei jedem vierten.

Eiskalte Borussen

Doch auch es gibt auch Zahlen, die klar für den BVB sprechen: Dortmund nutzt seine Großchancen erstaunlicherweise viel besser als München. 56 Prozent verwertet der BVB, den Gegnern von der Isar gelingt nur bei 42 Prozent der Großchancen ein Tor. Dazu wird Dortmund dank der hohen Laufbereitschaft nur selten ausgekontert. Fünf Konter-Torschüsse des Gegners sind ligaweit der Spitzenwert für den BVB, während der FC Bayern seinen Gegnern 17 Mal die Chance zum Kontertor gab.

Darum gewinnt die Borussia gegen die Bayern (DW-Infografik)

Interessant ist auch der Vergleich der Torentwicklung. Während in Dortmund fast alles über die Mitte läuft, wo der BVB 21 Tore erzielte, sind die Bayern über rechts mit zwölf Treffern deutlich gefährlicher als die Borussia (fünf Tore). Besonders eklatant: Gegenüber, auf der linken Dortmunder-Abwehrseite, kassierten die Westfalen ihre meisten Gegentore (fünf). Noch dazu fällt dort nun Marcel Schmelzer verletzt aus. Da auch Mats Hummels und Neven Subotic wegen Verletzungen nicht spielen können, stellt sich ohnehin die Frage, inwiefern die statistischen Erkenntnisse der bisherigen Spiele auf die neuformierte Dortmunder Abwehr übertragbar sind. Jürgen Klopp wird ausgerechnet gegen die Bayern eine Viererkette aufstellen müssen, die noch nie in dieser Kombination gespielt hat.

Bayern gehen als Favorit ins Spiel

Gut möglich, dass das direkte Aufeinandertreffen der beiden Fußball-Schwergewichte zunächst von Taktieren und Abwarten geprägt sein wird. Dann suchen - so war es in den vergangenen Duellen öfters zu beobachten - beide auch über den Kampf den Weg ins Spiel. Dortmund scheint dafür etwas besser gewappnet, spielte bisher deutlich zweikampffreudiger als München. Der BVB führt 2410 Duelle Mann gegen Mann, der FCB nur 1931 - die geringste Zahl ligaweit. Entscheidender als die absolute Zahl ist allerdings die Quote der gewonnenen Zweikämpfe in der Defensive, wo solche Spiele entschieden werden. Da liegen beide Teams mit 53 Prozent gewonnenen Duellen gleich auf.

Nicht ganz so ausgeglichen lautet unser Fazit der Spieldaten-Analyse: Die Borussia überzeugt zwar mit Laufbereitschaft, Effektivität bei Großchancen und gutem Verschieben in Richtung Abwehr, doch die Bayern punkten häufiger. Sie liegen in Kategorien wie Passquote, Ballbesitz, Standard-Verwertung und Effizienz der Stürmer vorne. Angesichts der Dortmunder Verletzungssorgen in der Abwehr geht der Rekordmeister aus München als Favorit in das Spiel der Spiele. Am Samstag gegen 20:15 Uhr MEZ sind wir schlauer...