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Wie kommt das Nitrofen ins Getreide?

10. Juni 2002

Der Chemiker Peter Dräger bezweifelt, dass das Pflanzenschutzmittel Nitrofen aus dem Staub der Lagerhalle in Malchin auf Futtergetreide übergegangen ist. Was also ist die wahre Ursache der Verseuchung?

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Bild: AP

"Eine einfache Kopfrechnung zeigt, dass dies in den gefundenen Mengen nicht möglich ist", sagte Dräger, Leiter des Neuform-Labors in Oberursel, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa (10. Juni 2002). In seinem Labor lassen rund 2300 Reformhäuser aus Deutschland freiwillig ihre Waren kontrollieren.

Mengenverhältnisse unstimmig

"Um die fraglichen 500 Tonnen Getreide gleichmäßig mit rund fünf Milligramm Nitrofen zu belasten, wären etwa zwölfeinhalb Tonnen Giftstaub nötig gewesen", rechnet Dräger weiter vor. Er bestätigte damit einen Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (10. Juni 2002). In einer Halle sei aber zu erwarten, dass nur die äußere Schicht des Weizens überhaupt mit dem Staub in Berührung käme, erklärte der Chemiker. "Das Innere des Korns bliebe vermutlich unversehrt."

Daher käme es nun darauf an zu erfahren, in welchen Bereich die einzelnen Proben genommen wurden. "Die mir bekannten Werte schwanken in weiten Grenzen", berichtet Dräger. Sie reichten von 5 über 15 bis zu 30 Milligramm je Kilogramm Weizen. Jedoch löse sich Nitrofen nicht in Wasser, sondern nur in Fett oder chemisch verwandten Substanzen. Fett wiederum habe im Korn nur einen Anteil von rund zwei Prozent.

Kontakt mit Kehricht reicht nicht aus

Um die hohen Messwerte trotzdem zu erreichen, müssten die Körner schon mit sehr große Mengen Nitrofen in Berührung gekommen sein. Weil aber noch keine offiziellen Messwerte und Zahlen vorlägen, müssten alle Annahmen zu Herkunft und Konzentration des Giftes im Getreide Vermutungen bleiben. "Für mich hat die Erklärung mit dem Staub in der Halle mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet", ergänzte der Experte.

Nach dem, was ihm bekannt geworden sei, ließe sich der Vorwurf der Sabotage nicht von der Hand weisen. Nach Drägers Ansicht reicht auch der illegale Einsatz des Pflanzenschutzmittels auf dem Feld nicht aus, um die nun gemeldeten Giftmengen in die Getreidekörner zu bekommen. "Wenn es ein Landwirt trotzdem versuchte, würde er sich selbst gefährden", verweist Dräger auf den Irrwitz der Vermutung. (dpa/arn)