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Wie deutsche Flüsse wieder sauber wurden

Marc von Lüpke8. August 2013

Deutsche Flüsse sind heute begehrte Urlaubs- und Freizeitziele. Noch vor wenigen Jahren galten viele dieser Flusslandschaften als biologisch tot. Wie konnten diese sensiblen Ökosysteme gerettet werden?

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Elbaue bei Tangermünde, Sachsen-Anhalt, Deutschland pixel Schlagworte Flußufer , Überschwemmungsfläche , Niederung , Fluss , Natur , Uferlandschaft , Elbe , Fluß , Aue , Flussufer , Flußaue , Seerosenblätter , Europa , Flussaue , Landschaft , Schilf , Ufer
Flussaue Elbe Elbaue Tangermünde Sachsen-AnhaltBild: picture alliance/Bildagentur Huber

Plastikmüll, der auf dem Wasser treibt und Fische, die mehr tot als lebendig an der Wasseroberfläche nach Luft schnappen. Heute flimmern solche ökologischen Horrorszenarien vor allem aus China über die Fernsehbildschirme – und bezeugen den trostlosen Zustand vieler chinesischer Flüsse, die zu den verschmutztesten Gewässern der Welt gehören. Noch vor wenigen Jahren boten allerdings auch die deutschen Flusslandschaften ähnlich bedrückende Bilder.

Vor allem die Elbe, die von ihrer Quelle in Tschechien gut tausend Kilometer weiter hinter Hamburg in die Nordsee mündet, galt als Todeskandidat. Bis zur deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 entsorgte die Deutschen Demokratische Republik ihre Abwässer ungeklärt in den Fluss.

Arbeiter versuchen, den Jangtse in China zu reinigen (Bild: dpa)
Keine Müllkippe - ein Fluss! Der Jangtsekiang gilt als einer der schmutzigsten weltweitBild: picture-alliance/dpa

Ein giftiger Cocktail

Forscher ermittelten für das Jahr 1988 einen Schadstoffcocktail von beispielsweise 16.000 Tonnen Stickstoff, 10.000 Tonnen Phosphor, 23 Tonnen Quecksilber und 3 Tonnen der hochgiftigen chemischen Verbindung Pentachlorphenol, die die Elbe Richtung Meer transportierte. Der Biologe Veit Hennig von der Universität Hamburg beschreibt die Zustände in der Elbe während der 1980er Jahre: "Die Fische hatten starke Geschwüre im Mundbereich, die sogenannten Blumenkohlgeschwüre. Aale sahen fürchterlich aus, die Schollen hatten Wucherungen auf der Hautoberfläche."

Wie aber konnte der Fluss gerettet werden? Die Schließung vieler DDR-Fabriken, die durchgehende Klärung der Abwässer und die Verhängung strenger Umweltrichtlinien hätten die Elbe – und andere deutsche Flüsse – gerettet, meint Veit Hennig. Angler und Badende sind mittlerweile an der Elbe und den anderen deutschen Flüsse wieder ein gewohnter Anblick. Und auch die Tiere kehren zurück, sogar die Schweinswale.

Die Wale kehren zurück

Am Hamburger Elbufer erläutert der Walforscher Veit Hennig, warum die Schweinswale mittlerweile wieder aus der Nordsee in die Elbe schwimmen. "Die Beobachtungsraten steigen in den letzten vier Jahren an, wobei wir in den letzten zwei Jahren ganz erhebliche Sichtungszunahmen hatten." Wie viele waren es in diesem Jahr? "Wir hatten allein zweihundert Zufallssichtungen", so Hennig.

Schweinswale schwimmen im Wasser (Bild: dpa)
Auch die empfindlichen Schweinswale werden wieder in der Elbe gesichtetBild: picture-alliance/dpa

Die Wale folgen im Frühjahr ihren Beutefischen, die im Wasser der Elbe ablaichen, wie den Fischarten "Stint" und "Finte". Seit sich die Wasserqualität der Elbe stark verbessert hat, kehren die Fische zurück – und mit ihnen immer mehr Wale, ein Beweis für die Gesundung des Flusses.

Sünden der Vergangenheit

Im Gegensatz zu anderen Gewässern wie einem See transportiert ein Fluss Schadstoffe relativ schnell weiter ins Meer. Letztendlich reinigt sich der Fluss damit selbst, wobei die giftigen und schädlichen Stoffe im Meer weiterhin existent sind. Lediglich in den Flusssedimenten verbleiben bis heute weiterhin Giftstoffe. Bei einem Hochwasser wie in diesem Jahr können solche Stoffe wiederum aufgewirbelt werden. Stephan Köster, der am Institut für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz an der Technischen Universität Hamburg-Harburg lehrt, betont deswegen: "Es ist noch nicht so ewig her, dass der Umweltschutz überhaupt nicht präsent war und man sich der Umwelt in vielfacher Hinsicht einfach bedient hat".

Flüsse litten besonders, so Köster: "Man hat gesehen, dass man alles einleiten kann in das Gewässer und dann ist es auch sehr zügig weg und landet im Meer – Aus den Augen, aus dem Sinn" Heutzutage hat sich das nach Meinung des Forschers geändert: "Man hat immer mehr in die Abwasserreinigung investiert, und diese Abwässer dann nicht nur mechanisch gereinigt, sondern auch biologisch-chemisch." Die Verfahren zur Gewässerreinigung wurden immer weiter verfeinert, wie der Abwasserspezialist meint: "Es gibt mittlerweile den Standard, Nährstoffe zu eliminieren, Stichstoffe herauszuholen und Phosphor noch gezielt auszuschließen."

Gesunde Gewässer?

In einer Kläranlage geht es bei der Reinigung des Wassers stets nach dem Prinzip "Von Groß zu Klein". Zunächst werden per mechanischer Reinigung größere Gegenstände herausgefischt, dann wird es schon kleinteiliger. Ein "Sandfang" schöpft Mineralien wie Sande heraus, die später zum Beispiel Pumpen beschädigen könnten. Ein Absetzbecken sorgt dafür, dass nur noch gelöste Stoffe im Wasser vorhanden sind, bis schließlich kleine Helfer in Form von Bakterien zum Einsatz kommen, die vor allem Kohlenstoffe abbauen.

Während in die deutschen und europäischen Flüsse das Leben zurückkehrt, leiden Flüsse in China unter starker Verschmutzung. Lassen sich europäische Maßnahmen zum Gewässerschutz aus China übertragen? Stephan Köster, der seit vielen Jahren Forschungsbeziehungen zu China pflegt, meint: "Ich würde auch sagen, dass in China noch viele Probleme zu lösen sind, was die Gewässer angeht."

Dabei unterstreicht Köster aber, dass auch im Reich der Mitte, Gesetze und Verordnungen zum Schutz der Flüsse existieren. Es bedürfe aber einer lückenlosen Umsetzung dieser Schutzbestimmungen für die Gewässer. Veit Hennig verweist aber auch mit dem Beispiel der deutschen Elbe, das für die deutschen Flüsse noch viel getan werden muss, um wirklich "natürliche" Verhältnisse einkehren zu lassen: "Nur die Wasserqualität in ihrem eigentlichen chemischen Sinn ist besser geworden, aber die Struktur des Flusses als natürlicher Lebensraum, hat sich sogar verschlechtert."

Damit meint der Biologe die zunehmende Eingrenzung des Flusses und die Bebauung seiner Ufer. Anscheinend gibt es für deutsche und chinesische Umweltschützer noch viel zu tun, um wirklich wieder saubere Flüsse zu besitzen.