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In der Region Dir kämpfen Bürgermilizen gegen die Taliban.

9. Juni 2009

In der Region Dir in der nordwestlichen Grenzprovinz greifen immer mehr Stammesangehörige zu den Waffen und machen Jagd auf Taliban-Kämpfer, die sich in den Dörfern ihres Stammesgebietes verstecken.

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Pakistanische Paramilitärs in der Stadt Maidan im Bezirk DirBild: AP

Der Rachefeldzug hält an. Häuser brennen, es gibt stundenlange Schusswechsel mit Toten und Verletzten. Die Region Dir grenzt an das Swat-Tal und gehört zur Kampfzone, in der die Armee seit Anfang Mai gegen die radikal-islamischen Taliban vorrückt. In dieser ländlich geprägten Gegend ist es nicht schwer, eine Bürgerwehr auf die Beine zu stellen, weil die Männer traditionell Waffen besitzen. Fast jeder Stamm hat eine eigene 'Lashkar', eine eigene Miliz. Die Stammesmilizen aus Dir wollen Vergeltung üben für den verheerenden Selbstmordanschlag vom vergangenen Freitag (05.06.2009), für den sie die radikal-islamischen Taliban verantwortlich machen. Dabei waren mehr als 40 Menschen getötet und eine Moschee zerstört worden. Der pensionierte General und Verteidigungsexperte Abdul Qayyum freut sich über die Unterstützung der lokalen Bevölkerung: „Das ist hervorragend. Wir sollten auf die Stämme zugehen, uns mit unseren Brüdern beraten. Wir sollten sie ausrüsten und finanziell unterstützen. Dann wird es nicht mehr nötig sein, dass die Armee auch in anderen Landesteilen kämpfen muss.“

Armee rechnet mit langem Konflikt

Anschläge in Pakistan
Bombenanschlag am 28. Mai in PeschawarBild: AP

Der General im Ruhestand weiß, wie schwer es ist, die Herzen der lokalen Bevölkerung auf Dauer zu gewinnen. Die Menschen im Nordwesten Pakistans und im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet sind konservative, tief religiöse Paschtunen. Die eigenen Stammesgesetze sind wichtiger als alles, was aus der Hauptstadt Islamabad befohlen wird. Die Taliban sind aus der Volksgruppe der Paschtunen entstanden und deren Siedlungsgebiet ist der Rückzugsraum der selbsternannten Gotteskrieger. Ex-General Abdul Qayyum geht deshalb nicht davon aus, dass die pakistanische Armee die Taliban schnell besiegen kann und verweist bewundernd auf den Vernichtungsfeldzug der sri-lankischen Regierungstruppen gegen die tamilischen Rebellen der LTTE: „Ergebnisse kann es nicht über Nacht geben. Gucken Sie sich Sri Lanka an. Dort hat der Bürgerkrieg drei Jahrzehnte lang gedauert. Aber am Ende hat die Regierung gegen die Tamilen-Rebellen gewonnen." Obwohl Ex-General Abdul Qayyum mit langen Kämpfen rechnet - am Ende, glaubt er, werde man über die Taliban triumphieren.

Regierung setzt auf Bürger-Milizen

Die pakistanische Regierung ermutigt inzwischen auch andere Stämme offen, ihre Milizen gegen die Taliban in Stellung zu bringen. Denn wenn die Offensive der Armee auf Dauer Erfolg bringen soll, muss sich die lokale Bevölkerung von den Taliban lossagen. Der Politikwisssenschaftler und Publizist Sadanand Dhume drückt es so aus: „Ich denke, das alles gehört zu einem schmerzhaften Transformationsprozess, der in Pakistan zwingend notwendig ist. Pakistan, das Gruppen wie die Taliban großgezogen hat, erkennt jetzt, dass die Taliban die größte Gefahr für das Land sind." Das habe es so in Pakistan noch nicht gegeben, gibt Sadanand Dhume zu bedenken: "Pakistan hat noch nie eine anhaltende und ernstgemeinte Auseinandersetzung mit radikalen islamischen Gruppen erlebt."

Neue Militäroffensive gegen Taliban in Pakistan
Pakistanischer Soldat an der Grenze zum umkämpften Bezirk DirBild: picture-alliance/ dpa

Autorin: Sandra Petersmann

Redaktion: Thomas Kohlmann