1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Widersprüchliche Signale Polens an die Investoren

Aureliusz M. Pedziwol z.Zt. Krynica
6. September 2017

Auf einem Wirtschaftsforum im Krynica wirbt der polnische Staatspräsident Andrzej Duda für die EU. Gleichzeitig verschreckt Premierministerin Szydlo die ausländischen Investoren. Von Aureliusz Pedziwol, Krynica.

https://p.dw.com/p/2jRVF
Polen - Präsidentendebatte beim Wirtschaftsforum in Krynica-Zdrój
Präsidentendebatte beim Wirtschaftsforum in Krynica-ZdrójBild: DW/A. M. Pedziwol

Überraschend EU-freundlich zeigte sich der polnische Präsident Andrzej Duda in einer Debatte zum Auftakt des 27. Wirtschaftsforums im südpolnischen Bergkurort Krynica-Zdrój. In der EU zu sein, "ist für uns, für die absolut entschiedene Mehrheit der Polen, ein großer Wert", betonte das Staatsoberhaupt. "Es lohnt sich in der EU zu sein, es lohnt sich, darum zu bemühen, der EU beizutreten", sagte er während der Podiumsdiskussion zu den Präsidenten Georgiens und Mazedoniens, Giorgi Margewelaschwili und Gjorge Ivanov.

PiS sorgt für Verunsicherung

So klare Worte überraschten viele, da Duda dem politischen Lager entstammt, der zunehmend für Ängste unter ausländischen Investoren sorgt. Die Regierungspartei PiS muss sich derzeit gar dem Vorwurf stellen, sie wolle Polen aus der Europäischen Union heimlich herausführen. Denn obwohl sie sich offiziell zur EU-Mitgliedschaft Polens bekennt, stellt die Regierung diese durch umstrittene Staatsreformen wieder in Frage.

Polen - Präsidentendebatte beim Wirtschaftsforum in Krynica-Zdrój
Szydlo: "Polen sollen mehr vom Wirtschaftswachstum profitieren"Bild: DW/A. M. Pedziwol

Mit einer Justizreform, deren Ziel es ist, die Unabhängigkeit des Gerichtswesens zu untergraben, oder mit der Ankündigung einer "Repolonisierung" der polnischen Medienlandschaft, sorgt sie für Unruhe und Kopfschütteln auch unter ausländischen Medienkonzernen, die in den letzten Jahren viel in die osteuropäischen Märkte, auch in Polen investierten. Manche Kommentatoren in Krynica fragen sich gar, ob man das schon als einen schleichenden "Polexit" deuten könnte, also einen Austritt des Landes aus der EU. "Warschau werde zwar seine Mitgliedschaft bei der EU nicht kündigen, aber sie de facto an den Nagel hängen", sagt Grzegorz Gauden, ehemaliger Chefredakteur der "Rzeczpospolita", einer der wichtigsten Tageszeitungen Polens.

Einladung an Inverstoren klingt anders

"Dadurch könnten sich ausländische Investoren bedroht fühlen", sagt ein deutscher Unternehmer aus der Rüstungsbranche im Gespräch mit der DW in Krynica, der ungenannt bleiben möchte. "Insbesondere wenn sie Geschäfte mit polnischen Firmen machen, die dem Staat gehören oder sich an Programmen beteiligen, die für den Staat die Priorität haben." Sollten polnische Gerichte von der Regierung abhängig sein, könnten Ausländer im Streitfall benachteiligt werden - diese Befürchtung hört man in den Hintergrundgesprächen in Krynica des öfteren. "Das bleibt nicht ohne Folgen", meint der deutsche Unternehmer. "Jene, die schon da sind, werden ihre Expansion einschränken. Die anderen werden sich gut überlegen, ob sie nicht in ein ruhigeres Land gehen."

Traditionell erfüllen internationale Wirtschaftsbeziehungen auch eine Brückenfunktion für die Politik. Durch wirtschaftliche Zusammenarbeit bleibt man auch mit schwierigen Regierungen im Dialog. "Die Wirtschaftsbeziehungen mit Polen müssen auch in kritischen Situationen für die Demokratie erhalten bleiben", meint Christian Zöpel, früher Staatsminister im Auswärtigen Amt, heute ein Wirtschaftsberater. Und der frühere Diplomat Dietmar Stüdemann, der mittlerweile eine große deutsche Bank auf ihrem Expansionskurs in Osteuropa berät, meint ebenfalls, dass die aktuelle Politik die Geschäfte erschweren könnte. Generell ist er aber doch optimistisch, denn seiner Meinung nach sei die gegenwärtige Verstimmung nur "eine schwierige Übergangsphase". Diese werde vorbeigehen. "Es wäre gut, dass Polen sie hinter sich bringen würde, um eben dort zu sein, wo es eigentlich hin müsste - nämlich als ein zentraler Faktor in der europäischen Entwicklung zu agieren."

Polen - Präsidentendebatte beim Wirtschaftsforum in Krynica-Zdrój: Ehemaliger Staatsminister im Außwärtigen Amt, Christian Zöpel
Wirtschaftsberater Christian Zöpel (r) wirbt für einen Dialog durch WirtschaftsbeziehungenBild: DW/A. M. Pedziwol

Osteuropa unter sich

Doch danach sieht es derzeit gar nicht aus. Während der Präsident zum Beginn des Wirtschaftsforums für die Europäische Union warb, klangen die Worte der polnischen Regierungschefin Beata Szydło in Krynica fast schon bedrohlich. "Die Zeit, als die Politiker überzeugt waren, dass ausländisches Kapital der einzige Weg ist, den Wohlstand der Polen zu steigern, ist unwiederbringlich vorbei", sagte sie in ihrer Rede in Krynica. "In der Vergangenheit haben vor allem ausländische Unternehmen die Früchte des Wirtschaftswachstums geerntet. Dies wollen wir als Regierung jetzt ändern, damit auch polnische Firmen mehr vom Wirtschaftswachstum im Land profitieren", kündigte Szydło in Krynica an.

Zum diesjährigen Wirtschaftsforum sind rund 4000 Gäste gekommen, laut Veranstalter eine leichte Steigerung im Vergleich zum Vorjahr. Der Großteil kam allerdings aus dem Osten Europas - die Anzahl der Teilnehmer aus Westeuropa war eher überschaubar. Zudem entschied sich die europäische Prominenz in diesem Jahr gegen die Teilnahme am Forum: Kein einziger amtierender Staats- und Regierungschef aus der EU - abgesehen vom Gastgeberland Polen - ist dabei.