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Wettbewerb belebt das Geschäft

Britta Kleymann17. September 2002

Neben den fünf im Bundestag vertretenen Parteien stehen bundesweit 22 Kleinparteien zur Wahl. Einige sind völlig unbekannt, andere treten schon seit Jahren an. Eines haben alle gemeinsam: Ihre Wahlchancen sind gering.

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Mit Tierschutz in den Bundestag?

Sie nennen sich "Die Violetten", "Graue Panther" oder "Partei Bibeltreuer Christen". Ihr Programm: Familienpolitik, Frieden, Tierschutz - aber auch Nischenthemen, maßgeschneidert auf ein eng begrenztes Publikum. Mehr als 80 kleine Parteien wollten an der Bundestagswahl teilnehmen und wurden nach dem Parteiengesetz auf ihre "Ernsthaftigkeit" überprüft. 22 von ihnen können antreten. Vielen Wählern sind diese Gruppierungen nur durch ihre teils bizarren oder allzu platten Forderungen ein Begriff: Ob Hochschulen für Frauen, eine Magnetschwebebahn für Transeurasien, Wahlrecht für Kinder - kein Thema ist ausgefallen genug, um nicht in das Wahlprogramm aufgenommen zu werden.

Wer nicht durch skurrile Forderungen auffällt, empfiehlt sich als echte politische Alternative zu den etablierten Bundestagsparteien. Ein Beispiel ist die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP). Die Gruppe hat sich 1981 von den Grünen abgespalten und betont ihre Sonderstellung. "Wesentlicher Unterschied der ÖDP zu allen anderen Parteien ist zum einen, dass Sie alle anderen Parteien kaufen können, während Sie die ÖDP nur wählen können", sagt Bundesgeschäftsführer Gereon Schürmann und ergänzt: "Damit will ich sagen, dass die ÖDP keine Firmenspenden annimmt, um eben unabhängig Politik machen zu können." Zudem mache die ÖDP im Gegensatz zu anderen Parteien eine Politik, die auch in 20 Jahren noch verantwortbar sei.

Ausbleibende Wahlerfolge

An ausgefallenen Ideen mangelt es den Kleinparteien nicht. Was ihnen fehlt, ist der Erfolg bei den Wählern - zumindest auf Bundesebene. Ihr Anteil am Gesamtwahlergebnis ist rechnerisch oft kaum zu ermitteln, viele erreichen noch nicht einmal die wichtige Marke von 0,5 Prozent der Wählerstimmen - nur dann gibt es finanzielle Unterstützung vom Bund.

Doch es gibt Ausnahmen. So erreichen zum Beispiel ausländerfeindliche Gruppierungen wie die Republikaner seit Jahren Wahlergebnisse von bis zu zwei Prozent, erklärt der Parteienforscher Frank Decker: "Hinter diesen Prozentzahlen verbergen sich insbesondere rechtsextreme Parteien, allerdings sorgt in Deutschland die Fünf-Prozent-Hürde dafür, dass diese Parteien keine Chance haben, parlamentarische Repräsentanz zu erlangen." Die rechten Parteien könnten allenfalls indirekten Einfluss auf das Gesamtergebnis einer Wahl ausüben, in dem sie den Unionsparteien Stimmen entziehen würden, konstatiert Decker.

Mehr Einfluss auf Landesebene

Fünf Prozent aller Wählerstimmen sind für den Einzug in den Deutschen Bundestag nötig. Diese Regelung soll die Zersplitterung des Parlaments in Kleinstgruppierungen verhindern, außerdem sorgt sie für stabile Regierungsmehrheiten. Doch was auf Bundesebene sinnvoll erscheint, kann auf Ebene der Länder und Kommunen eher hinderlich sein. In einigen Bundesländern wurde deshalb die Fünf-Prozent-Klausel auf der kommunalen Ebene abgeschafft - dort können also auch Kleinstparteien mitbestimmen. Ein geringes Wahlergebnis auf Bundesebene lasse nicht auf Bedeutungslosigkeit der Partei schließen, bestätigt Decker. "Man darf auch nicht vergessen, dass sich hinter den durchschnittlichen Prozentzahlen ja unterschiedliche regionale Konzentrationen verbergen können. Also auch Parteien in einer so geringen Größenordnung von weniger als fünf Prozent können politischen Einfluss ausüben."

Die Ökologisch-Demokratische Partei verfügt auf kommunaler Ebene inzwischen über 350 Mandate. Bei der letzten Wahl erreichte sie in Bayern 1,2 Prozent der Wählerstimmen - auf Bundesebene waren es nur 0,2 Prozent. Statt nur auf die Zahlen zu schielen, setzt sich die Partei dann auch andere Schwerpunkte, betont Bundesgeschäftsführer Schürmann. "Ich wünsche mir natürlich 50 Prozent für die ÖDP, aber realistisch ist ein Zehntel, Hundertstel, Tausendstel davon. Wir haben diesmal aber ausdrücklich den Wahlkampf nicht auf Prozente ausgerichtet, sondern darauf, möglichst viele Ideen in die Politik zu bringen, Mitglieder zu werben, Interessenten zu werben."