1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Westerwelle glaubt an Wehrpflicht-Aussetzung

14. August 2010

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg stößt mit seinen Plänen für eine Bundeswehrreform auf Kritik, auch in den eigenen Reihen. FDP-Chef Guido Westerwelle rechnet aber damit, dass sich Guttenberg durchsetzt.

https://p.dw.com/p/Onr2
Ein Bundeswehr-Rekrut beobachtet einen Kameraden beim Laden seines Gewehres (Foto: dpa)
Bald nur noch freiwillige Rekruten?Bild: dpa

In der Regierungskoalition ist ein Streit entbrannt über die Pläne zur Aussetzung der Wehrpflicht von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Der baden-württembergische CDU-Fraktionschef Peter Hauk betonte, die Wehrpflicht sei ein Markenzeichen der deutschen Demokratie und gehöre zum "Markenkern" der Unionsparteien. Man könne sie nicht mal eben über Bord werfen. Zunächst müsse es in der CDU und CSU eine breite Debatte geben, forderte Hauk in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom Samstag (14.08.2010).

Zuvor hatte bereits CSU-Verteidigungsexperte Thomas Silberhorn das Modell seines Parteifreundes Guttenberg in Zweifel gezogen. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, warf CSU-Chef Horst Seehofer vor, sich zu spät für die Beibehaltung der Wehrpflicht eingesetzt zu haben. Im Deutschlandradio warnte Kirsch, eine Aussetzung der Wehrpflicht käme einer Abschaffung "sehr nahe", und das "wollten wir keinem leicht machen". Kirsch äußerte die Befürchtung, die Bundeswehr könne künftig ins Hintertreffen geraten.

Westerwelle will Wehrgerechtigkeit

Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle bei einer Presssekonferenz (Archivfoto: AP)
Westerwelle hofft auf Neuregelung im Sinne der WehrgerechtigkeitBild: AP

Neben Kritik gab es aber auch Unterstützung für Guttenberg in der schwarz-gelben Koalition. Außenminister Guido Westerwelle sagte der "Bild am Sonntag", er wolle den Diskussionen innerhalb der Union nicht vorgreifen, aber er sehe gute Chancen, dass sich Guttenberg mit seinen Plänen durchsetzt. Aus Gründen der Wehrgerechtigkeit sei er für eine solche Regelung, weil derzeit nur noch etwa 16 Prozent der jungen Männer Dienst in der Bundeswehr leisteten, sagte der Vizekanzler und FDP-Chef.

Auch der Parlamentsgeschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, äußerte seine Zustimmung für Guttenbergs Vorhaben. "Der Minister hat mit seinen Plänen das Thema Wehrgerechtigkeit angepackt." Bei einer Aussetzung der Wehrpflicht gehe es künftig darum, den neuen Freiwilligendienst attraktiv auszugestalten. Müller nannte in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" als Beispiel Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung.

Verteidigungsminister Guttenberg besucht am 16.07.2010 deutsche Soldaten in Kundus (Foto: DW)
Guttenberg will die Bundeswehr im Zuge der Reform verkleinernBild: DW

Guttenberg favorisiert Regierungskreisen zufolge bei der Bundeswehrreform ein Modell, das eine Kombination von Berufsarmee und Freiwilligen vorsieht. Nach den Plänen sollen künftig nur noch junge Männer eingezogen werden, die sich freiwillig melden. Gleichzeitig soll die Zahl der Berufssoldaten um rund 40.000 auf 156.000 Mann sinken. Medien berichten, es werde mit rund 7500 Freiwilligen pro Jahr gerechnet. Die Wehrpflicht würde mit diesem Modell nicht abgeschafft, sondern ausgesetzt.

Grüne fordern Umbau zur Freiwilligenarmee

In der SPD stieß das Modell Guttenbergs auf unterschiedliche Reaktionen. Fraktionschef Walter Steinmeier begrüßte die Überlegungen Guttenbergs. Dagegen sprach Verteidigungsexperte Rainer Arnold in der "Frankfurter Rundschau" von einem "Placebo, das nur das Ziel hat, hartnäckige Wehrpflichtbefürworter in der Union ruhig zu stellen". Die Zahl von 7500 Freiwilligen sei viel zu gering, um den Aufwand für einen Umbau bei der Bundeswehr zu rechtfertigen.

Den Grünen gehen die Pläne des Verteidigungsministers nicht weit genug. Sie plädieren für eine vollständige Abschaffung der Wehrpflicht. In einem Positionspapier, aus dem der "Spiegel" zitierte, fordert die Grünen-Fraktion den konsequenten Umbau der Bundeswehr zur Freiwilligenarmee. Die aktuellen Konflikte erforderten gut ausgebildete und professionelle Soldaten.

Autorin: Ursula Kissel (dpa, rtr, apn, afp)
Redaktion: Walter Lausch