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Wer wird Nachfolger von Romano Prodi?

Bernd Riegert, Brüssel16. Juni 2004

Bei ihrem Gipfeltreffen wollen die EU-Staats- und Regierungschefs den Nachfolger für den scheidenden Kommissionspräsidenten Prodi benennen. Mehrere Namen sind bereits gefallen, aber das Rennen ist noch offen.

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Die Gerüchteküche brodelt: Als heißer Kandidat gilt Jean-Claude JunckerBild: AP


Alle wollen Jean-Claude Juncker, nur der luxemburgische Ministerpräsident, der will nicht, zumindest noch nicht. So lässt sich kurz gefasst das Kandidatenrennen für den Posten des einflussreichen Kommissionspräsidenten der Europäischen Union zusammenfassen. Der erfahrene, gerade wiedergewählte Regierungschef des winzigen Großherzogtums wäre der ideale Kompromisskandidat für die übrigen 24 Staats- und Regierungschefs, die sich am Donnerstag (17.6.) in Brüssel treffen, um den Spitzenposten der EU für die nächsten fünf Jahre zu vergeben.

Überzeugungsarbeit gestartet

Elmar Brok, EU-Parlamentarier aus der konservativen Fraktion, versuchte bei einem Treffen in Luxemburg, den christdemokratischen Parteigenossen Juncker von einer Kandidatur zu überzeugen. Brok sieht sich als Königsmacher, weil seine Fraktion im Parlament nach der Europawahl erneut die größte ist. "Der Kandidat muss die Mehrheit haben im Parlament, und auf Grund dessen ist der Rat gut beraten, jemanden vorzuschlagen, der eine Mehrheit finden könnte", so Brok.

Jean-Claude Juncker, dessen Verhandlungsgeschick von seinen Kollegen fast ausnahmslos gerühmt wird, wiederholt aber unermüdlich, dass er seinen Wählern versprochen habe, in Luxemburg zu bleiben. Persönlich kann er sich nach neun Jahren im Amt wohl einen Wechsel vorstellen, denn seinen Posten in Luxemburg sieht er eher nüchtern. "Es macht mir nicht mehr Spaß als am ersten Tag, aber auch nicht weniger", sagt Juncker. "Es ist ja keine vergnügungssteuerpflichtige Veranstaltung, Premierminister zu sein. Manchmal mach ich es gerne, manchmal weniger gerne, aber ich mach es halt."


Landesvater als EU-Kommissionspräsident

Elmar Brok will sich nicht geschlagen geben, und meint, man müsse einen Weg finden, den Luxemburgern zu erklären, dass ihr Landesvater in Brüssel gebraucht wird, um die EU auf Vordermann zu bringen. Dem Anspruch der Mitte-Rechts-Parteien, einen Politiker aus ihrer politischen Familien als Chef der EU-Behörden zu installieren, widerspricht der deutsche Außenminister Joschka Fischer. Zwar sieht die noch zu verabschiedende Verfassung ein solches Verfahren vor, noch gilt aber: "Das Vorschlagsrecht liegt bei den Regierungen im Rat. Und damit ist die Sache beantwortet."

Fischer beharrt auf diesem Recht, weil Deutschland und Frankreich für einen Liberalen - den belgischen Ministerpräsidenten Guy Verhofstadt - werben. Der aber stößt in Großbritannien und Spanien auf wenig Gegenliebe.

Auch andere Kandidaten im Rennen

Auf der Liste des derzeitigen EU-Ratspräsidenten Bertie Ahern steht auch noch der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Wegen seiner Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ gilt Schüssel in manchen EU-Staaten aber nach wie vor als nicht "präsidententauglich". Genannt werden auch gestandene EU-Kommissare wie Antonio Vitorino (Inneres), Franz Fischler (Agrar) und Chris Patten (Außenpolitik).

Ahern könnte den Job auch selber machen, denn alle loben seine Amtsführung als Ratspräsident. Aber Ahern hat wie Juncker versprochen, an der Heimatfront zu wirken. EU-Insider glauben indes, dass die Dementis nur taktischer Natur sind. Das habe man auch schon bei der Kür anderer Kommissionspräsidenten erlebt, heißt es.

Einen deutschen Kandidaten wird es nach dem sechs Monate zurückliegenden halbherzigen Angebot an den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber nicht geben. Bundeskanzler Gerhard Schröder hofft darauf, den Vizepräsidenten der Kommission mit seinem Mann in Brüssel besetzen zu können. Er soll künftig für Wirtschaft und Industrie zuständig sein soll. Dafür ist Günter Verheugen im Gespräch.