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Wer wird künftig Tschechien regieren?

13. Juni 2002

– Premier Zeman steht nicht zur Wiederwahl

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Prag, 12.6.2002, PRAGER ZEITUNG, deutsch

Am Freitag (14.6.) und Samstag (15.6.) ist es soweit: Tschechiens Bürger sind zur Wahl aufgerufen. Es wird mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden großen Parteien ODS und CSSD gerechnet. Deren Spitzenkandidaten Spidla und Klaus stehen für Pro und Kontra EU.

Zum dritten Mal werden die Tschechen in der noch jungen Republik zu den Wahlurnen gerufen, um ein neues Abgeordnetenhaus zu wählen. Wer auch immer die Wahl gewinnen wird, eines ist jetzt schon sicher: Tschechien wird einen neuen Regierungschef erhalten. Der bisherige Premierminister, der Sozialdemokrat Milos Zeman, steht nicht zur Wiederwahl. Wie bereits vor über zwei Jahren angekündigt, zieht sich der 57-Jährige ins Privatleben zurück - zumindest vorläufig.

Nachfolger auf dem Sessel des Regierungschefs könnte der um sechs Jahre jüngere Vladimir Spidla werden, der Zeman bereits als Parteivorsitzender der CSSD beerbt hat. Härtester Widersacher ist der 62-jahrige Vaclav Klaus. Der frühere Premierminister von 1992 bis 1997 und unumstrittene Chef der konservativen ODS lag in den Wahlvorhersagen lange Zeit vorne. Kurz vor den Wahlen hat sich der Trend allerdings umgekehrt, die CSSD steht vor einem erneuten Wahlsieg

Während die ODS den Urnengang zu einer Schicksalswahl hochstilisieren will - ihr Wahlslogan lautet "Einem neuen Schicksal entgegen" -, verweisen die Sozialdemokraten auf die guten Wirtschaftsergebnisse während ihrer Regierungszeit und bitten um das Vertrauen, weitere vier Jahre auf diesem Kurs fortfahren zu dürfen. Sie rühmen sich, das Land aus der Rezession herausgeführt und ausländische Investitionen angelockt zu haben. (...)

Pluspunkte konnte Spidla auch dadurch gesammelt haben, dass er eine gemeinsame Regierung mit Klaus grundsätzlich abgelehnt hat. Damit bliebe für die CSSD nur die Koalice als möglicher Koalitionspartner übrig. Doch das Wahlbündnis aus christdemokratischer KDU-CSL und liberaler Freiheitsunion US hat im Wahlkampf jegliche klare Aussage zu dieser Frage vermieden. Die Frage nach mehrheitsfähigen Koalitionen verkompliziert die kommunistische KSCM, der ein Ergebnis zwischen zehn und 18 Prozent zugetraut werden kann. Die Nachfolgepartei der 40 Jahre lang das Land beherrschenden KSC kommt als möglicher Koalitionspartner für keine der anderen Parteien in Frage, jedoch kann sie arithmetisch eine Mehrheitsregierung zweier Parteien verhindern. Für Spannung ist also gesorgt in dem Zehn-Millionen-Einwohner-Land.

Allgemein wird erwartet, dass die Wahlbeteiligung recht hoch liegen wird. Wer die neue Regierung stellen wird, ist für den Bürger auch nicht ganz unwichtig: Das neue Kabinett wird die Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union abschließen und eventuell das Land in die Gemeinschaft führen. Deshalb wird die Wahl auch im Ausland große Beachtung finden, entscheidet sich doch, ob der europafreundliche Vladimir Spidla oder der euroskeptische Vaclav Klaus neuer Premierminister wird. (ykk)