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Wer stoibert denn da …?

Marcel Fürstenau20. August 2005

Aus gegebenem Anlass muss an dieser Stelle ein Thema aufgegriffen werden, über das - so scheint es - bereits alles gesagt ist: das alpenländische Gestänkere über die Bewohner einer einstmals sowjetisch besetzten Zone.

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Marcel Fürstenau

Es geht um des bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber dummes Geschwätz von den frustrierten Ostdeutschen, die nicht noch einmal den Ausschlag über den Kanzler aller Deutschen geben dürften. Wer diese Bierzelt-Einlassungen des CSU-Populisten nicht sofort versteht, möge sich nicht grämen. Es handelt sich dabei um die Ausfälle eines vom Glauben abgefallenen Politikers, der noch heute an seiner Niederlage gegen den Sozi Gerhard Schröder bei der Bundestagswahl 2002 leidet.

Es war, wie wir inzwischen wissen, die einzige Niederlage Stoibers in einem Kanzlerkandidaten-Duell, weil er zum Glück kein zweites Mal antreten darf. Denn diesmal schickt das Unions-Lager mit Angela Merkel eine Kandidatin ins Rennen. Für einen wie Stoiber ist das der größte anzunehmende Werteverlust und Sittenverfall. Schlimm genug schon, dass sich die Männer-Riege in der CDU/CSU von einer Frau die Butter vom Brot nehmen lässt. Und dann noch von einer aus der einstmals sowjetisch besetzten Zone. Zwar keine Atheistin, wie die meisten gelernten DDR-Bürger. Aber leider auch keine Katholikin, sondern nur eine Protestantin.

Den Glauben an die guten, alten Zeiten endgültig verloren haben dürfte der deftige Bayer allerdings wegen der Vorkommnisse im benachbarten Österreich. Deren konservativer Kanzler Franz Schüssel hat sich dieser Tage über die Lohndrücker aus Ostdeutschland beschwert. Weil sie als Sozialfälle in ihrer Heimat nur noch "Hartz IV" genannte Almosen in Höhe von 331 Euro monatlich bekommen, suchen sie ihr Heil und Arbeit in der Alpenrepublik und verdrängen die einheimischen Proleten.

Schüssels Schelte geht sogar einem zu weit, der es mit markigen Sprüchen gegen Ausländer und Sympathie-Bekundungen für nationalsozialistische Beschäftigungspolitik zu fragwürdiger Berühmtheit gebracht hat: der Rechtsaußen Österreichs, Jörg Haider. Dessen Ratschlag an seien Kanzler: er möge das "Stoibern" lassen. Darauf muss man erst mal kommen ...