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Mordfall Politkowskaja

7. Oktober 2011

Es gibt Fortschritte bei den Ermittlungen im Fall Politkowskaja. Aber die Hauptfrage, in wessen Auftrag die russische Journalistin ermordet wurde, ist weiter ungeklärt. Fünf Jahre nach dem Mord kursieren nur Vermutungen.

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Ein Mann legt an einem großen Porträtfoto von Anna Politkowskaja eine Nelke nieder (Foto: dpa)
Anna Politkowskaja wurde im Oktober 2006 ermordetBild: picture alliance/dpa

Am 7. Oktober jährt sich zum fünften Mal der Todestag der bekannten russischen Journalistin Anna Politkowskaja. Sie war 2006 im Treppenhaus ihres Moskauer Wohnhauses erschossen worden. Politkowskaja hatte für die Zeitung "Nowaja Gaseta" gearbeitet und war eine entschiedene Kritikerin des damaligen Präsidenten und heutigen Regierungschefs Wladimir Putin. In ihren Berichten prangerte sie insbesondere Menschenrechtsverletzungen im Tschetschenien-Krieg an.

Bis heute ist unklar, wer hinter der Ermordung Politkowskajas steckt. Immerhin melden die russischen Behörden nach fünf Jahren erste Ermittlungserfolge. So wurde im Mai dieses Jahres in Tschetschenien der mutmaßliche Todesschütze gefasst. Nach Auffassung der Ermittler soll der Tschetschene Rustam Machmudow der Journalistin in ihrem Wohnhaus aufgelauert haben. Unterstützung soll er dabei von der Miliz bekommen haben. Im August dieses Jahres wurde Polizeioberstleutnant Dmitrij Pawljutschenkow verhaftet. Er soll den Mord organisiert haben.

Kritik an Ermittlungen

Dmitrij Muratow (Foto: dpa)
Dmitrij Muratow arbeitete mit Politkowskaja zusammenBild: dpa

Der Chefredakteur der "Nowaja Gaseta", Dmitrij Muratow, lobte Anfang September die Bemühungen der Ermittler im Mordfall Anna Politkowskaja. "Wir begrüßen, dass die Ermittler inzwischen den Polizeioberstleutnant Pawljutschenkow nicht mehr als Zeugen, sondern als Mittäter führen", sagte er auf einer Pressekonferenz in Moskau. Es sei gelungen, einen "schrecklichen Abszess" zu beseitigen. Damit meinte Muratow die Sonderabteilung der Miliz, die von Pawljutschenkow geleitet wurde. Weitere Mitarbeiter dieser Abteilung, so vermutet der Chefredakteur, seien ebenfalls in die Tat verstrickt.

Muratow kritisiert aber, dass immer noch nicht geklärt ist, wer den Mord an der Journalistin in Auftrag gegeben hat. "Man hat mitgeteilt, wer die Tat organisiert haben soll. Aber ich habe den Eindruck, dass man darüber hinaus nichts weiter aufdecken will", so der Chefredakteur.

Spekulationen über Hintermänner

Boris Beresowskij (Foto: dpa)
Boris Beresowskij gilt als Putin-GegnerBild: dpa

Da die Behörden keine Angaben zu den möglichen Hintermännern machen, wird in russischen Medien darüber spekuliert. Nach Angaben der russischen Zeitung "Kommersant" soll Pawljutschenkow in den Vernehmungen den Namen des Auftraggebers genannt haben. Mitte September berichtete das Blatt, Pawljutschenkow habe nicht ausgeschlossen, dass der russische Oligarch Boris Beresowskij über einen Mittelsmann im Kaukasus den Mord an Politkowskaja beauftragt haben könnte, um damit Putin zu schaden.

Beresowskij ist ein scharfer Kritiker des russischen Regierungschefs. Er lebt seit rund zehn Jahren im Exil in Großbritannien. In Russland wird er wegen Korruption und Geldwäsche per Haftbefehl gesucht. Von London aus versuchte Beresowskij immer wieder, auf die Politik in Russland Einfluss zu nehmen. Mehrfach rief er zu einem Sturz der Regierung Putin auf.

Behörden: Auftraggeber unbekannt

Ljudmila Aleksejewa (Foto: RIA Novosti)
Ljudmila Aleksejewa kritisiert die VermutungenBild: RIA Novosti

Die Behörden weisen Spekulationen über eine Verbindung zwischen Politkowskaja und Beresowskij zurück. Zu Presseberichten sagte Russlands Chefermittler Aleksandr Bastrykin: "Wir wissen bislang nicht, wer der Auftraggeber ist. Wir haben keine Grundlage sagen zu können, dass es Beresowskij ist", betonte er.

Viele Journalisten und Menschenrechtler glauben nicht an eine Verwicklung Beresowskijs. Der stellvertretende Chefredakteur der "Nowaja Gaseta", Sergej Sokolow, bezeichnete die Berichte über eine Beteiligung Beresowskijs am Politkowskaja-Mord als "schlechten Scherz".

Auch die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe, Ljudmila Aleksejewa, meint, die Vorwürfe gegen Beresowskij seien unsinnig. "Wo stand Anna Politkowskaja ihm im Wege? Ich halte das für einen Trick der Ermittler, um von den wahren Auftraggebern abzulenken. Beresowskij ist kein Engel und ich habe keine Sympathien für ihn, aber man hat es hier mit Vermutungen zu tun und ich frage mich, wem sie nutzen", sagte die Menschenrechtlerin.

Autor: Jegor Winogradow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann