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Wer berät über die Zukunft Afghanistans?

Peter Philipp26. November 2001

Vier afghanische Delegationen sitzen auf dem Bonner Petersberg am Verhandlungstisch.

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Hauptziel der Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn sei es, Mittel und Wege zu finden, eine Übergangsregierung zu bilden und mit deren Hilfe einen demokratischen Neubeginn in Afghanistan vorzubereiten. So formuliert es der Sprecher den UN-Sonderauftragten
für Afghanistan. Gleichzeitig versichert er, es müsse aber Aufgabe der Afghanen selbst sein, dieses Ziel zu erreichen. Die Vereinten Nationen, die bei der Konferenz als Gastgeber fungieren, säßen zwar mit am Tisch - aber nur um zu helfen, und nicht, um vermittelnd oder mit eigenen Vorschlägen einzugreifen.

Ob es gelingen wird, das Eis zu brechen, ist ungewiss. Vertreter der Royalisten um den seit 1973 im römischen Exil lebenden König Zahir Schah - ebenso wie in Zypern
basierte Exil-Anhänger des Mujaheddin-Führers Gulbudin Hekmetyar - befinden sich bereits seit dem 24. November auf dem Petersberg; es ist bereits zu ersten informellen Gesprächen mit Vertretern der UN gekommen.

Die vier Gruppen gehen mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in die Verhandlungen: Die Nordallianz unter dem nach Kabul zurückgekehrten Präsidenten Burhanuddin Rabbani besteht darauf, dass eigentlich sie die rechtmäßigen Herrscher seien, weil sie von den Taliban 1996 ja nur aus der Hauptstadt vertrieben worden seien. Und wie in den Jahren vor dieser Vertreibung lässt die Allianz kaum erkennen, ob und unter welchen Umständen sie bereit sein könnte, auf einen Teil ihrer Macht zu verzichten. Man sei natürlich bereit, auch andere Volksgruppen an der Macht zu beteiligen, versichern Sprecher der Minderheiten-Allianz. Wenn es aber um die Machtansprüche der paschtunischen Mehrheit in
Afghanistan geht, dann weichen sie aus: Paschtunen seien doch auch an der Allianz beteiligt.

Das dürfte den Paschtunen nicht reichen: Nachdem die aus ihrem Kreis entstandenen Taliban offenbar am Ende sind - an der Konferenz nehmen sie nicht teil - versuchen verschiedene paschtunische Führer, ihre Interessen bei der Suche nach einem neuen Afghanistan abzusichern. Unter ihnen auch die Delegation aus Peschawar, die sich an den Ideen eines gemäßigten Theologen orientiert und die bereit zu sein
scheint, zumindest für eine Übergangszeit mit dem Ex-König
zusammenzuarbeiten, der ja selbst Paschtune ist.

Unbekannt bleibt vorerst die Position der Hekmetyar-Anhänger. Klar ist nur, dass ihr Führer immer schon im Konkurrenzkampf lag mit Präsident Rabbani und dass sich auch an seiner kompromisslosen Haltung in gesellschaftspolitischen Fragen kaum etwas geändert haben
dürfte - wo Hekmetyar fast so radikale Positionen einnahm wie die Taliban.

Niemand weiß bisher, wie lange die Konferenz dauern wird. Wunder darf man aber von ihr nicht erwarten. Es wäre schon ein Gewinn, wenn die Parteien friedlich miteinander redeten. Bis zu einem friedlichen und demokratischern Afghanistan aber wird es auch dann noch ein sehr langer Weg sein.