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Wenn Mann im Bett nicht kann: Erektionsstörungen

9. September 2015

Schätzungsweise 150 Millionen Männer weltweit leiden an Erektionsstörungen. Was steckt dahinter? Wir haben darüber mit dem Männerarzt Prof. Dr. Wolfgang Harth gesprochen.

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Bild: Colourbox/Syda Productions

DW: Herr Prof. Harth, ab wann spricht man von einer Erektionsstörung?
Prof. Wolfgang Harth: Von einer Erektionsstörung oder auch Erektilen Dysfunktion spricht man, wenn über sechs Monate lang 70 Prozent der Versuche zum Geschlechtsverkehr erfolglos waren. Das heißt, das Sexualorgan des Mannes wird nicht hart genug, um Geschlechtsverkehr zu haben.

Was sind die Gründe für Erektionsstörungen?
Es gibt verschiedene Ursachen. Zum größten Teil ist es altersabhängig: Erektionsstörungen nehmen pro Lebensjahr um ein Prozent zu. Es können aber auch bestimmte Erkrankungen dahinter stecken, zum Beispiel Diabetes, Gefäßkrankheiten, neurologische Erkrankungen, Depressionen, Nierenkrankheiten. Und auch Medikamente wie Antidepressiva aber auch Diuretika können Erektionsstörungen auslösen. Wichtig sind aber auch die Lebensgewohnheiten: Rauchen, Alkohol, Drogen oder Bewegungsmangel sind weitere Risikofaktoren für Erektionsstörungen.

Wer ist besonders betroffen?
Die Hauptproblematik ist, wenn der Leidensdruck hoch ist. Das fängt schon bei 35-Jährigen an, die durchaus Erektionsstörungen bekommen können. Und die Gruppe, die am meisten betroffen ist und den höchsten Leidensdruck hat, ist die Gruppe der 60 bis 69-Jährigen.

Können Erektionsstörungen ein Warnsignal darstellen?
Herzkrankheiten geht in hohem Anteil eine Erektionsstörung voraus, noch vor Brustschmerzen oder Atemnot. Denn hinter einer erektilen Dysfunktion steckt nicht selten eine "Verkalkung" , eine Arteriosklerose der Blutgefäße, die das männliche Glied mit Blut versorgen. Oft entwickelt sich ein bis zwei Jahre nach dem ersten Auftreten einer Erektionsstörung ein Herzinfarkt.

Kann auch ein Hormonmangel dahinterstecken?
Es kann sein, dass bei einem guten Gefäßsystem die Initialzündung fehlt, weil ein Mann altersbedingt Wechseljahrbeschwerden und weniger Lust hat. Der Urologe würde bei einer Untersuchung zuerst aber den Durchfluss der Arterien messen ehe man den Hormonspiegel abklärt. Die Studienlage zeigt nicht eindeutig, ob ein niedriger Testosteronspiegel mit einer Erektionsstörung einhergeht. Es kann aber jedenfalls dazu beitragen.

Wie ist es mit psychischen Ursachen?
Es sind vorwiegend Versagerängste, vor allem, wenn man unter Belastung steht. Also zum Beispiel, wenn man sich Leistungsdruck macht mit Gedanken wie: „Hoffentlich halte ich eine ordentliche Erektion.“ Wenn Sie sich da nicht frei fallen lassen, sondern sich unter Druck setzen, dann fällt oftmals die Erektion zusammen. Eine Rolle spielt auch, ob man zufrieden ist mit seinem männlichen Selbstverständnis, mit seinen Körpermaßen oder ob Minderwertigkeitsgefühle da sind. Und ob Angst vor einer Schwangerschaft besteht.

Wie werden Erektionsstörungen behandelt?
An erster Stelle steht die Lebensstiländerung: Wenn man übergewichtig ist und keinen Sport macht, dann wird man mit gesunder Ernährung, Bewegung und Rauchstopp die Durchblutung verbessern. Parallel dazu werden Entspannungsmaßnahmen empfohlen. Dann gibt es Medikamente, die so genannten Potenzmittel: Viagra (mit dem Wirkstoff Sildenafil), Cialis (Tadalafil) und Levitra (Vardenafil). Die Wirkstoffe führen bei sexueller Erregung zu einer Erweiterung der Arterien im Glied, so dass vermehrt Blut in den Schwellkörper einfließen kann. Darüber hinaus gibt es Injektionen in das männliche Sexualorgan, Vakuumpumpen oder Ringe, die als mechanische Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Oder, wenn es gar nicht mehr geht, kann man sogar Schwellkörper-Implantate operativ einsetzen. Und auch die psychische Komponente ist wichtig: Wenn es Partnerschaftsprobleme gibt, dann muss man auch mit dem Partner sprechen, dass es wieder zu einer emotionalen, lustvollen Sexualität kommt.

Was ist bei Potenzmitteln wie Viagra zu beachten?
Sie können Nebenwirkungen haben, allen voran Kopfschmerzen und Gesichtsrötung. Man sollte immer zuerst zum Arzt gehen und die Mittel nicht aus dem Internet beziehen, weil man dort nicht weiß, was tatsächlich drinsteckt. Außerdem sollte man den Besuch beim Arzt für einen gesundheitlichen Check-Up nutzen, also schauen, ob organische Ursachen hinter den Störungen stehen.

Deutschland Wolfgang Harth Chefarzt Klinik für Dermatologie und Allergologie in Berlin
Bild: privat


Prof. Wolfgang Harth ist Chefarzt der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Vivantes Klinikum Spandau in Berlin. Er hat sich auf Männergesundheit spezialisiert.

Das Interview führte Carola Welt.