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Der verräterische Kühlschrank und das Internet

Martin Muno14. Juni 2016

Wenn Geräte mit Geräten kommunizieren, nennt man das "Internet der Dinge". Das kann das Leben sehr komfortabel machen, kann uns aber auch Sorgenfalten ins Gesicht treiben.

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Symbolbild leerer Kühlschrank
Bild: Colourbox

Die täglich gelaufenen Schritte zählen. Den Puls kontrollieren. Die Temperatur in der eigenen Wohnung regeln, wenn man selbst auf Reisen ist. Das alles geht schon jetzt und wird millionenfach genutzt - einfach per App auf dem Smartphone.

Doch das ist nur der Anfang einer Entwicklung, die derzeit mit dem Begriff "Internet der Dinge" umrissen wird. Wohin die Reise geht und was die Chancen und Risiken sind, war das Thema einer Podiumsdiskussion des von der Deutschen Welle ausgerichteten "Global Media Forums". Titel der Veranstaltung: "The data explosion - how the internet of things will affect media freedom and communication systems."

Der selbsteinkaufende Kühlschrank

Mark Nelson, Senior Direktor am "Center for International Media Assistance" (CIMA) in Washington, gab die Richtung vor: "Wir stehen am Beginn einer Entwicklung, die erhebliche Auswirkungen auf unser Leben haben wird." Als Beispiel nannte er den Kühlschrank, der selbständig Waren nachkauft, sobald sie zur Neige gehen. Nicht nur, dass die jeweilige Supermarktkette genau wisse, was und wie viel konsumiert wird, führte Nelson aus: "Was passiert, wenn die Daten etwa an die Krankenkasse übertragen werden, die dann feststellt, dass ich mich falsch ernähre?"

Dann sind wir recht schnell bei Dystopien, wie sie etwa in Juli Zehs Roman "Corpus Delicti" beschrieben werden. Aktuell in der Schlagzeilen ist ein TV-Gerät, das sämtliche Gespräche in dem Raum, in dem es steht, aufzeichnet und irgendwohin sendet - ganz gleich, ob es eine politische Diskussion im Wohn- oder zärtliche Worte im Schlafzimmer sind.

Luftverschmutzung und Zika-Epidemien

"Die entscheidenden Fragen sind also: Was geschieht mit diesen Daten? Wer hat Zugriff darauf? Wer kontrolliert das alles?", so der Director des "Institute for Technology and Society of Rio de Janeiro", Carlos Affonso Souza.

Dass nicht überall eine 2.0-Version von 1984 drin ist, wo "Internet der Dinge" draufsteht, weiß Sumandro Chattapadhyay, Research Director am "Centre for Internet and Society" in Neu Delhi: "Es gibt in Indien öffentlich nutzbare Landkarten, in denen der aktuelle Stand der Luftverschmutzung dargestellt wird. Erhoben und verbreitet werden diese Daten durch tausende kleine Geräte namens AirOwl." Auf diese Weise entstehen Karten, die für jeden Stadtteil zeigen können, wie verschmutzt die Luft gerade ist. Ähnliche Projekte etwa gibt es in Brasilien, wo die Ausbreitungsgebiete von Zika oder Dengue-Fieber über das "Internet der Dinge" weitergegeben werden.

"Wer dies mag, mag auch das..."

"In der westlichen Welt wird das "Internet der Dinge" weitgehend individuell genutzt, in der südlichen Hemisphäre eher öffentlich", sagte die Kommunikations-Direktorin am European Dialogue on Internet Governance (EuroDIG), Lorena Jaume-Palasi.

Weitverbreitet ist das "Internet der Dinge" im Mediensektor: Ob Netflix die jeweiligen Lieblingsfilme anbietet oder Google auf das Individuum zugeschnittene Suchergebnis-Listen präsentiert - dahinter stehen jeweils Algorithmen, deren Auswahlkriterien zumeist wenig bekannt sind. Bekannt ist allerdings, dass immer mehr Menschen sich bei ihrem Nachrichtenkonsum ausschließlich auf Soziale Netzwerke verlassen.

Ist die Filterblase eine Gefahr?

"Das ist eine große Gefahr", sagte Souza. Wer etwa bei Facebook vor allem Freunden und Medien folge, die nur seine Meinung widergeben, ist nicht mehr umfassend informiert. "Facebook sollte ein Fenster zur Welt sein, wird aber immer mehr zu einem Spiegel für sich selbst." Verbesserte Algorithmen könnten irgendwann nur noch die Inhalte zu einer Person durchlassen, die ihr auch gefällt. Jaume-Palasi sieht das nicht so dramatisch: Filter-Blasen habe es immer gegeben und eine konservative Zeitung habe die Welt immer schon anders dargestellt als eine linksliberale.

Eine große Gefahr, sich durch die Sozialen Netzwerke abhängig zu machen, sieht auch Mark Nelson: "Es gibt in Senegal eine Zeitung, die sehr erfolgreich damit war, ihre Inhalte auf Facebook zu verbreiten. Jetzt hat sie riesige Probleme, weil Facebook auf einmal Newsseiten mit Video-Inhalten bevorzugt, die diese Zeitung nunmal nicht hat. So wird das Mediensystem in Afrika vom Silicon Valley aus bestimmt."