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Wende zum Besseren

Peter Philipp15. September 2008

Anders als Präsident Bush 2003 könnte David Petraeus mit Recht sagen: "Auftrag erfüllt", wenn er demnächst das Kommando über die US-Truppen im Irak abgibt. Aber der General bleibt vorsichtig. Peter Philipp kommentiert.

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Kaum ein anderer US-General hat wie er fast die gesamte Zeit seit dem amerikanischen Einmarsch im Irak verbracht (seit Februar 2007 als Oberbefehlshaber), und kein anderer könnte sich wie David Petraeus rühmen, dass es ihm gelungen sei, die Lage im Zweistromland wenigstens einigermaßen zu beruhigen. Der Viersterne-General, der am Dienstag (16.9.2008) das Kommando abgibt, tut das aber nicht. Er bleibt nachdenklich: Der Krieg im Irak sei noch lange nicht gewonnen. Und überhaupt sei es fraglich, ob man je von Sieg werde sprechen können. So ermutigend die Erfolge der zurückliegenden 19 Monate auch seien: Es gebe keine Garantie gegen Rückschläge.

Auch jetzt ist der Irak kein friedliches Land. Die täglichen Meldungen von Anschlägen belegen das. Aber: Seit Petraeus das Oberkommando übernahm, sind die Gewaltakte um 80 Prozent zurückgegangen, hat in Bagdad wieder etwas Alltags-Normalität begonnen und befinden andere Teile des Landes sich auf demselben Weg. Es wäre sicher übertrieben, dies alles nur dem jetzt scheidenden General zuzuschreiben. So war die Truppenverstärkung um 30.000 Mann bereits beschlossen, bevor er kam. Aber er machte das Beste daraus.

Keine vergleichbaren Nachfolger in Sicht

Wobei ihm sicher vonstatten kam, dass er die Situation im Irak schon kannte und dass er nicht nur Soldat ist, sondern auch promovierter Völkerrechtler. Damit war Petraeus die ideale Ergänzung von US-Botschafter Ryan Crocker, der als Orientkenner nicht nur Arabisch und Persisch spricht, sondern auch die Mentalität der Gegend versteht. Natürlich mussten beide auch ihrem obersten Dienstherrn im Weißen Haus dienen, sie verstanden dies aber besser als alle anderen vor ihnen. Und es ist zu befürchten, dass es so rasch keine vergleichbaren Nachfolger geben wird.

Die - wenigstens relative - Beruhigung im Irak ist vor allem auf eine engere Zusammenarbeit mit den Irakern selbst zurückzuführen und auf eine entschiedene Ablehnung äußerer Einmischung. Die Iraker haben - vielleicht - verstanden, dass sie letztlich selbst für ihre Zukunft verantwortlich sind, und dass die Besatzer das Land nicht früher verlassen, wenn man sie bekämpft. Im Gegenteil. Diese Einsicht führte zum Rückzug der "Mehdi-Armee" des radikalen Schiitenführers Muktada al-Sadr und zum Frontenwechsel sunnitischer Gruppen, die heute an der Seite der Amerikaner gegen ihre alten Alliierten vom Terrornetzwerk El Kaida kämpfen.

Offen bleibt: Wann ziehen die US-Truppen ab?

Der Iran hat inzwischen sicher verstanden, dass ein zu starkes Engagement im Irak die dortige Präsenz der Amerikaner verlängert, und die Türkei musste einsehen, dass Militäreinsätze gegen die PKK im Nordirak diese bisher relativ ruhige Gegend destabilisieren, und dass das in Niemandes Interesse ist.

Was Petraeus den Irakern nicht geben konnte - aber das war auch nicht seine Aufgabe - ist eine Zusage darüber, wann und in welchem Umfang die US-Truppen das Land verlassen werden. Dies ist und bleibt Aufgabe des neuen amerikanischen Präsidenten, der im November gewählt wird.

Porträt Peter Philipp (Foto: DW)
Peter Philipp