Weltpolitik zwischen Grizzlies und Rockies
25. Juni 2002Nicht nur Fuchs und Hase sagen sich hier "Gute Nacht" – sondern vor allem Wölfe, Luchse und Grizzlie-Bären. In dem abgeschiedenen Ort Kananaskis – abgeschirmt vor jeder Art von Demonstrationen und neugierigen Journalisten – wollen die Führer der sieben größten Industrienationen und Russlands zwei Tage lang in kleinem Kreis die großen Probleme der Welt diskutieren.
Tagesordnung
Zwar hat der Gastgeber, Kanadas Premierminister Jean Chretien – den Ehrgeiz, den Themenkreis stark einzugrenzen: Im Mittelpunkt sollen der Kampf gegen den Terrorismus stehen, die Lage der Weltwirtschaft und vor allem der Aktionsplan der G8 für Afrika. Doch auch der am Montag (25. Juni 2002) von US-Präsident Georg W. Bush verkündete Nahost-Friedensplan wird mit Sicherheit einen wichtigen Platz in den Gesprächen der Acht einnehmen – zumal man hier nicht unbedingt von uneingeschränkter Zustimmung ausgeht.
Wie aus deutschen Regierungskreisen zu erfahren war, soll auch eine mehrere Milliarden Dollar schwere Initiative zur Beseitigung russischen Atommaterials eine Rolle spielen. In Sachen Terrorismus-Bekämpfung wird es hier vor allem um ein Konzept für mehr Sicherheit im Luft- und Schiffsverkehr gehen. Strengere Kontrollen auf Flughäfen und Häfen sowie von Containern, die mit Schiffen und Flugzeugen transportiert werden, sind in den neuen Sicherheitsstandards vorgesehen. Die USA wollen dabei erreichen, dass ihre Sicherheitskräfte auch außerhalb des eigenen Hoheitsgebiets Stichproben vornehmen können – ein Detail, dass noch sehr umstritten ist.
"Marshallplan" für Afrika
Nicht umstritten ist hingegen der Vorschlag des deutschen Kanzlers Gerhard Schröder und seines britischen Amtskollegen Tony Blair. Beide wollen hier verkünden, die Entschuldungsinitiative der G8, beschlossen auf dem Gipfel vor drei Jahren in Köln, um eine weitere Milliarde Dollar aufzustocken. In den Augen der deutschen Delegation steht vor allem der Afrika-Aktionsplan ganz oben auf der Agenda. Damit reagieren die G8 auf die afrikanische Entwicklungsinitiative namens NEPAD (New Partnership for Africas Development), die deren Gründer bereits in Genua vor einem Jahr vorgestellt haben. Fünf afrikanische Staatschefs werden am Donnerstag in Kananaskis anwesend sein.
Allerhöchste Sicherheitsstufe
Der zweitägige Gipfel wird begleitet von massiven Sicherheitsvorkehrungen, man spricht vom größten Polizeieinsatz in der Geschichte Kanadas. Es gilt ein Flugverbot in der gesamten Regionen, Kampfflugzeuge patroullieren, Luftabwehrraketen sind in Stellung gebracht. 7000 Polizisten und Soldaten sind eingesetzt, um zum einen die Gegend um Kananaskis abzuriegeln, zum anderen aber im 80 Kilometer entfernten Calgary – hier sitzen einige Tausend Journalisten – mögliche Ausschreitungen zu verhindern. Mit größeren Demonstrationen rechnet die Bundespolizei jedoch nicht - und hat daher auch nur einen kleinen Zaun um das Medien-Zentrum gezogen.