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Welthits aus Polen

8. Juli 2009

Seit sieben Jahren werden "Die Popolskis", eine deutsche Comedygruppe, für ihre Rock'n'Roll Show von deutschen und polnischen Anhänger gefeiert. Dabei bedienen sie sich auch einiger Klischees und schwarzen Humors.

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Die Brüder Mirek, Danusz und Pavel Popolski (Foto: dpa)
Die Brüder Mirek, Danusz und Pavel PopolskiBild: picture-alliance/ dpa

Nicht zu fassen! Erstmals erfährt die Öffentlichkeit, dass so gut wie alle Top-Hits der letzten Jahrzehnte von einer völlig unbekannten, verarmten Musikerfamilie aus Polen, der Familie Popolski stammen. Leider schafften sie es nicht, damit Geld zu verdienen, weil die wichtigsten Unterlagen den Brüdern auf listige Weise von einem windigen Gebrauchtwagenhändler entwendet wurden. Seit jener Zeit stürmen die Werke der Popolskis alle Hitparaden. Wie das Publikum in der Klosterruine Marienthal im idyllischen Ahrtal erfährt, haben die Polen nicht nur die Popmusik erfunden. Sie haben historische Grundsteine auch im Film, Sport und Wissenschaften gelegt.

"Wir nehmen eigentlich gar nicht die Polen auf die Schippe", erläutert Achim Hagemann, alias Pawel Popolski. "Unser Ziel ist nicht, die Polen zu veräppeln. Dann hätten wir die Familie nicht gemacht, die die Popmusik erfunden hat, sondern wahrscheinlich eine Familie, die eine Auto-Lackiererei hat. Wir wollten die alten Witze nicht zum tausendsten Mal wieder aufwärmen. Daher haben wir die Geschichte umgedreht, so dass den Polen mal etwas geklaut wird." Der Kabarettist Hagemann unterstreicht jedoch, dass eine Komödie auch von Übertreibung lebt: "Natürlich nehmen wir die Polen so ein bisschen hoch, weil wir bestimmte Dinge übertreiben: die Kleidung, die natürlich in Polen nicht mehr so ist, wie in den Siebzigern. Aber das ist auch ein Teil der Komödie, dass man übertreibt."

Erstes Klischee: Wodka

Darsteller der "Popolski Show" auf dem roten Teppich (Foto: dpa)
2008 waren die Darsteller der "Popolski Show" für den Deutschen Fernsehpreis nominiertBild: picture-alliance/ dpa

Die Klosterruine Marienthal liegt inmitten von Weinbergen. Ein milder Sommerabend. Es ist 18.00 Uhr. Bis zur Show noch ganze zwei Stunden. Im großen viereckigen Innenhof, gesäumt von dichten Hecken, scharen sich Menschen aller Altersgruppen. Es entsteht der Eindruck, als ob sich alle gut kennen. Hagemann sagt, dass mittlerweile bis zu 20 Prozent des Publikums Polen sind, die teilweise aus dem Heimatland zu den Shows anreisen. Allmählich füllt sich auch die Klosterruine, die eigentliche Konzerthalle, die das Publikum durch eine schmale Öffnung in der Mauer betritt. Bald quetschen sich die Menschen dicht nebeneinander, wie in einem gigantischen überfüllten Bus für 450 Passagiere. Die Show verfolgt man nämlich im Stehen:

"Damit man tanzen kann", erklärt Hagemann. "Wir haben auch schon vor einem sitzenden Publikum gespielt, aber viele wollen sich bewegen, wollen was machen, wollen tanzen und klatschen und im Stehen geht es leichter." Das erste Klischee wird dem Publikum gleich am Anfang der Show präsentiert. Es geht um Wodka: Die Popolski Brüder servieren das starke Getränk in kleinen Plastikbechern. Unzählige Tabletts werden dafür durchs Publikum gereicht. Achim Hagemann alias Pawel Popolski zeigt, wie es geht: Mit dem Trinkspruch zählen alle gemeinsam bis vier, heben an, trinken den Schnaps in einem Zug. Und dann kommt das Beste: Jeder wirft seinen leeren Becher über die Schulter und trifft, bei der Enge, einen Hintermann.

Einfach gute Unterhaltung

Die Brüder Mirek, Danusz und Pavel Popolski (Foto: dpa)
Die "Popolskis" kommen vor allem bei jungen Polen sehr gut anBild: picture-alliance/ dpa

Zwar spiele man mit diesem Klischee, aber sagt Hagemann: "Wir haben auch polnische Freunde, die bei unserer Fernsehshow mitspielen. Wenn wir da sagen würden, wir lassen den Wodka weg, sie würden mich alle angucken und sagen, man bist du bescheuert. Das heißt die Witze, die die Polen vorschlagen, sind oft härter als die, die wir uns trauen zu bringen." Achim Hagemann, ein drahtiger, blonder, witziger Zeitgenosse.

Der älteste von den Popolski Brüdern hat in Düsseldorf klassische Musik studiert, danach viel für das Fernsehen gearbeitet und in den neunziger Jahren in der Fernsehkomödie "Total Normal" gemeinsam mit Hape Kerkeling Sketche gespielt und geschrieben und außerdem am Klavier gesessen. Später widmete er sich der Filmmusik und, wie er sagt, "irgendwann habe ich das Gefühl gehabt, ich wollte wieder auf die Bühne zurück". So entstand vor sechs, sieben Jahren, das Projekt, "Die Popolski Show."

Nach einer Stunde ist Pause. Zeit, die Deutsche und "echte Polen" zum lebhaften Austausch nutzen. "Wir haben gehört, dass die Popolskis Probleme haben, weil die Polen die Show nicht verstehen", sagt Sylwia Zbijczyk, eine Polin, die mit elf Freundinnen gekommen ist. "Dabei ist es gar nicht so, wie man in Polen sagt, dass man sich hier über die Plattenbauten und über polnische Traditionen lustig macht. Es ist einfach gute Unterhaltung." Edyta Bertrand, die in Deutschland lebt, stimmt ihr zu: "Wir sind stolze Polinnen, unsere Kinder sprechen beide Sprachen und wir sind nicht das letzte Mal zu Popolski Show gekommen."



Autorin: Iwona Metzner

Redaktion: Andreas Ziemons