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Weißbier für Salt Lake

8. Februar 2002

Eine Siegesfeier ohne Weißbierdusche - unvorstellbar. 30.000 bayerische Flaschen fliegen nach Salt Lake City, damit sich der Gold-Regen im "Deutschen Haus" und im "Kufenstüberl" auch mit flüssigem Gold begießen lässt.

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Gold im GlasBild: AP

"Warum nur eines kaufen? Nimm ein paar Flaschen für die Ehefrauen mit nach Hause!" Zum Jahreswechsel warb eine lokale Brauerei aus Salt Lake City recht zweifelhaft für einen Sechserpack Gerstensaft. Und landetet damit bei weitem keinen Volltreffer im Mormonenstaat, zumal der Alkoholkonsum rund um Salt Lake City ohnehin verpönt ist. Dennoch muss das deutsche Olympiateam nicht verzichten: aus München kommt Weißbier direkt zu den Athleten ins "Deutsche Haus" und ins "Kufenstüberl".

Der lange Weg nach Utah

Die Spaten-Franziskaner-Bräu unterstützt schon seit 1984 die deutschen Olympiamannschaften. Und auch im US-Bundesstaat Utah werden die bayerischen Brauer mit 30.000 Flaschen tatkräftig die - hoffentlich - zahlreichen Goldmedaillenfeiern unterstützen. Doch bis dahin war es ein langer Weg.

Geschäftsführer Dr. Edgar Wangen findet vor allem die US-Bierrichtlinien problematisch. Zum einen gelte für fast jeden der 51. Bundesstaaten eine eigene Regelung, zudem habe speziell Utah Einfuhrgesetze, die den Import nicht nur umständlich, sondern vor allem teuer gestalten.

Einfuhr trotz Biersteuer?

Jedes nach Utah eingeführte Gebinde kostet einen Dollar Biersteuer, dazu kommt der nicht unbeträchtliche US-Zoll. Zwar waren die Münchner Brauer ähnlich restriktive Regelungen schon von den Winterspielen in Lillehammer und Nagano gewohnt. Doch standen sie wieder einmal vor einer neuen Herausforderung.

Am Ende half ein simpler "Kniff" und im wortwörtlichen Sinne geschickte Diplomatie weiter. Dank hervorragender Beziehungen zwischen dem Nationalen Olympischen Komitee (NOK) und der Deutschen Botschaft erhielten die "Deutschen Häuser" und das "Kufenstüberl" einen "diplomatischen Status": Es gelten keine US-Bierrichtlinien, die Beschränkung des Bierverkaufs auf lizenzierte Geschäfte fällt weg, fast schon paradiesische Bedingungen also für die deutschen Sportler - da fehlen eigentlich nur noch die Goldmedaillen.

Kult am Eiskanal: das "Kufenstüberl"

In Nagano endete Georg Hackls Triumphfahrt zur dritten olympischen Goldmedaille gleich hinter der Zielkurve im "Kufenstüberl". Natürlich mit einem bayerischen Weißbier, überraschenderweise aber ohne die in Japan anwesende Journaille. Denn während im "Deutschen Haus" die Medienvertreter zumindest noch ansatzweise toleriert werden, bleiben im Stüberl die Sportler unter sich und können "leben wia mer san."

Und dabei wird es auch in Park City bleiben, dessen ist sich zumindest Rudolf Größwang sicher. Der Bischofswiesener steht als Sponsorenbetreuer dem deutschen Bob- und Schlittensportverband zur Seite und sorgt dafür, dass den Athleten in Salt Lake City nichts fehlt.

Zum sechsten Mal gibt's die Institution "Kufenstüberl" bei Olympischen Winterspielen. 1984 schuf der Verband in Sarajevo zum ersten Mal eine Möglichkeit für Athleten, vor und nach den Wettkämpfen "einfach g'mütlich beinand zu sitzen", erinnert sich Größwang. Saßen die Sportler allerdings zu Beginn noch in Containern bei Weißwürsten und Leberkäs', teilen sich "Kufenstüberl" und "Deutsches Haus" diesmal das Areal eines Tennisclubs nahe Park City.

Und der Metzger ist auch schon da

Weißwürste und Leberkäs' wird es auch diesmal geben, allerdings ohne den Stempel "Made in Germany" - die USA erlauben die Einfuhr nicht. Wenn die Wurst nicht zum Athleten kommen darf, erscheint der Wurstproduzent eben direkt im "Kufenstüberl". Kurzerhand wurde ein in den USA lebender bayerischer Metzger engagiert, die Brez'n liefert ein österreichischer Bäcker aus Utah. Und von der "einwandfreien" Qualität hat sich Rudolf Größwang selbst schon überzeugt.

Daneben muss natürliche bayerische Stimmung herrschen und bayerische Musik im Stüberl aufspielen. Gewachsen ist das "Kufenstüberl", wie schon der Name sagt, zunächst direkt am Eiskanal, Rodler und Bobpiloten waren die Hauptgäste. Und vor allem einer soll sich dort richtig wohl fühlen, der "Hackl Schorsch". Denn im "Kufenstüberl" fühle er sich fast wie in seiner Berchtesgadener Heimat: "Des mag er, des braucht er" - Patrona Bavariae im Land der Mormonen.

Bernd Eberwein (31.1.2002 – olympia.ard.de)