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Weiterhin große Erwartungen an König Abdullah

Manal Abdel Aal1. August 2006

Seit einem Jahr regiert König Abdullah in Saudi-Arabien. Modern und liberal denkende Saudis setzen einige Hoffnungen in ihn, zugleich stoßen Reformbemühungen weiterhin auf große Widerstände.

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Der König von Saubi-Arabien Abdullah plant Reformen für sein LandBild: picture-alliance/dpa

Vor einem Jahr gelobte König Abdullah seinem Volk bei Gott, den Koran als Verfassung und den Islam als Grundgesetz anzunehmen. Er werde sich für Recht und Gerechtigkeit einsetzen und allen Bürgern dienen, erklärte der frischgebackene König bei der Amtseinführung. Abdullah bin Abdulaziz trat damals, am 1. August 2005, in die Fußstapfen seines verstorbenen Halbbruders König Fahd. Abdullah ist durchaus beliebt im Volk - und war dies auch schon in seiner Zeit als Kronprinz. Viele modernen Saudis sehen in ihm einen gesellschaftlichen Reformer, obwohl er auch enge Beziehungen zu erzkonservativen religiösen Kreisen pflegt, die im wahhabitisch geprägten Saudi-Arabien - dem Hüter der heiligen Stätten des Islam - traditionell starken Einfluss ausüben. Liberale Kräfte beklagen, dass diese erzkonservativen islamischen Kräfte nach wie vor eine Öffnung und Modernisierung Saudi-Arabiens verhinderten.

11. September 2002 - Jahrestag
Seit dem 11. September hat die Spannung zwischen der saudi-arabischen Regierung und Al Kaida zugenommenBild: AP

Auf Reformen drängen neben liberalen Kräften im Lande auch die verbündeten USA - insbesondere seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Hat Abdullah die Hoffnungen auf solche Reformen erfüllen können? Es gibt im Lande durchaus starke Widerstände gegen eine tiefergreifende Modernisierung, vor allem, wenn sie als zu "westlich" empfunden werden könnte. Sulaiman Al Hattlan, Chefredakteur der arabischen Ausgabe des Forbes Magazin in Dubai, meint aber, man könne zumindest für die Zukunft optimistisch sein: "Unser Optimismus liegt darin begründet, dass der König klar über einige Reformpläne redet. Seit dem 11. September haben wir in Saudi-Arabien eine Krise." Der Konflikt zwischen der Regierung und Al Kaida hat zugenommen - und die Spannungen in der Gesellschaft seien wegen des Radikalismus stärker geworden. "Deswegen waren wir stets von jeder Art Reform begeistert. Schon als Kronprinz hat Abdullah durch Taten bewiesen, dass er sich den Problemen wirklich zuwendet", erklärt Al Hattlan.

Nationaler Dialog

Immerhin begann die Ära Abdullah mit der Begnadigung der drei Reformdenker Abdullah Al Hamed, Ali Al Dumaini und Matrouk Al Faleh. Außerdem rief der neue König die im Ausland aktiven Oppositionsparteien auf, in ihre Heimat zurückzukehren. Auch Raed Al Qusti von der saudi-arabischen Tageszeitung "Arab News" setzt wegen solcher Initiativen viel Hoffnung in die Politik Abdullahs: "Ich bin sicher, dass sich die Reformpläne von König Abdullah für die Innen- und Außenpolitik positiv auswirken werden, nicht nur bezogen auf die saudi-arabische Gesellschaft selbst, sondern auch auf die anderen arabisch-islamischen Länder."

Ölraffinerie in Saudi Arabien
Saudi-Arabien ist der größte Erdölproduzent der WeltBild: dpa

Schon als er noch Kronprinz war, hatte Abdullah Saudis aller politischen Richtungen zu einem so genannten "nationalen Dialog" eingeladen. Sulaiman Al Hattlan vom Forbes Magazin wünscht sich für diesen Dialog eine noch breitere Beteiligung in der Bevölkerung: "Der nationale Dialog sollte vor allem nicht mehr unter der Aufsicht des Staates geführt werden. Toleranz und gegenseitiger Respekt sollten in der gesamten Bevölkerung gepflegt werden." Um dies zu verwirklichen, müsse man sich eingestehen, dass es innerhalb der saudischen Gesellschaften mehrere Konfessionen gibt - neben Sunniten auch Minderheiten von Christen und Schiiten. Auch internationale Beobachter, wie Christian Koch vom Gulf Research Center in Frankfurt am Main, fordern eine noch breitere Beteiligung der Bevölkerung am sogenannten Nationalen Dialog. "Insgesamt muss die saudische Familie weiter den Versuch unternehmen, mit verschiedenen Oppositionsgruppen, insbesondere aus dem liberalen Lager, einen Dialog aufzunehmen."

Fundamentalistische Kräfte

Nach blutigen Terror-Anschlägen in Riad im Mai 2003 hatte Abdullah - damals noch Kronprinz - angekündigt, das Terrornetzwerk Al Kaida konsequent zu bekämpfen. Die saudi-arabischen Sicherheitskräfte vermeldeten 2005 und 2006 denn auch "bedeutende Erfolge" im Bereich Terrorismusbekämpfung. Das ist schwer nachprüfbar - aber fest steht, dass König Abdullah dabei keineswegs nur repressive Maßnahmen im Blick hat. So hat er angekündigt, der Staat wolle mit festgenommenen Al-Kaida-Anhängern in einen Dialog treten. Dutzende seien sogar bereits in den Genuss einer Amnestie gekommen, weiß Raed Al Qusti. "Schon vor dieser Initiative hatte das Innenministerium bekannt gegeben: Wer sich den saudi-arabischen Sicherheitskräften stellt, der wird begnadigt. Das hat den Zweck, Terroranhänger durch Dialog zur Vernunft zu bringen", meint Al Qusti.

Dennoch gelingt es auch Abdullah bisher nicht, das Königreich in einem neuen Licht erscheinen zu lassen. Der Grund dafür liegt in dem starken Einfluss erzkonservativer und fundmentalistischer Kräfte in der Gesellschaft. Diese Kräfte zeigen sowohl im Verborgenen als auch immer wieder öffentlich ihre Ablehnung gegenüber liberalen Denkweisen - auch dann, wenn diese von der Königsfamilie unterstützt werden. Der Journalist Al Hattlan meint, dass derzeit die religiösen Gruppen im Lande dominant sind, die jedoch für verschiedene Richtungen stünden - die fundamentalistische und die offene, die den Bedarf an Reformen versteht. "Reformen sind absolut notwendig - für den Zusammenhalt der Gesellschaft, für die Stabilität des Regimes und für die Entwicklung des Landes", meint der Journalist.