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Weitere Massaker in Nigeria

26. Januar 2010

Nach den schweren Unruhen zwischen Christen und Muslimen in Nigeria mit mehreren hundert Toten wird das Ausmaß der Gewalt immer deutlicher. Am Wochenende gab es Berichte über weitere Massaker.

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Soldat in Jos (Foto: AP)
Das Militär kontrolliert die Gegend um JosBild: AP

Nach den tagelangen Kämpfen zwischen Christen und Muslimen, bei denen mehr als 300 Menschen getötet worden sein sollen, haben Rettungskräfte mindestens 150 Leichen in dem muslimischen Dorf Kuru Karama entdeckt. Sie sollen aus Brunnen geborgen worden sein. Mitarbeiter einer Freiwilligenorganisation vermuteten weitere Todesopfer in den Brunnen. Die Brunnen müssten nun aber mit Sand zugeschüttet werden, weil die Leichen verwesten. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch war das Dorf Kuru Karama am Dienstag (19.01.2010) von bewaffneten Männern angegriffen worden. Dabei soll es sich um Christen gehandelt haben. Sie töteten demnach zahlreiche Menschen, darunter auch viele Kinder.

Soldat in Jos (Bild: AP)
Das Militär soll für Sicherheit sorgenBild: AP

Auslöser der Unruhen ungeklärt

Die Kämpfe zwischen Christen und Muslimen hatten am vergangenen Sonntag (17.01.2010) begonnen. Sie entzündeten sich am Bau einer Moschee in der zentralnigerianischen Stadt Jos und griffen später auf umliegende Orte in dem mehrheitlich von Christen bewohnten Gebiet über. Der Konflikt zwischen den Christen und den Muslimen ist in Jos nicht neu. 2001 starben hier bei Unruhen zwischen Christen und Muslimen mehr als 1000 Menschen. 2008 kam es wieder zu schweren Kämpfen. In Jos sind sowohl radikale Christen als auch radikale Muslime zuhause. Die Stadt liegt im so genannten "Middle Belt", dem Gürtel zwischen dem muslimischen Norden und dem christlichen Süden.

Vizepräsident Goodluck Jonathan, der seit mehr als sechs Wochen die Amtsgeschäfte für den erkrankten Präsidenten Umaru Yar'Adua führt, übertrug inzwischen der Armee die Sicherheitsaufgaben in Jos. Das gleiche gilt für Gebiete, in denen ein ähnlicher Konflikt ausbrechen könnte. Jonathan versprach, dass die Gewalttäter und ihre Hintermänner festgenommen und vor Gericht gestellt werden sollen.

Zerstörter LKW (Bild: AP)
Überall in Jos sind die Spuren der Unruhen sichtbarBild: AP

Ultimatium für Nigerias Kabinett

Unterdessen spitzt sich die seit Monaten schwelende Regierungskrise in Nigeria weiter zu. Am Freitag (22.01.2010) entschied ein Richter am Obersten Gerichtshof in Abuja jetzt, dass sich Nigerias Kabinett inerhalb der nächsten 14 Tagen über die Zukunft des Präsidenten einigen müsse. Das Kabinett soll entscheiden, ob Yar'Adua noch in der Lage ist, das Land zu führen. Erst kürzlich hat Ex-Präsident Olusegun Obasanjo den kranken Präsidenten zum ersten Mal indirekt zum Rücktritt aufgefordert. "Wenn gesundheitliche Probleme seine Arbeit behindern, sollte Präsident Yar'Adua den ehrenvollen Weg gehen", sagte Obasanjo. "Wer das nicht tut, hat keine Ahnung." Tausende Nigerianer hatten am Donnerstag in Lagos gegen Yar'Aduas Festhalten an der Macht protestiert.

yar'adua (Bild: ap)
Der schwache PräsidentBild: picture-alliance/ dpa

Religiöse Dimension des Konflikts

Seit Ende November wird Yar'Adua in Saudi-Arabien in einem Krankenhaus behandelt. Trotzdem will er die Macht nicht an den Vize-Präsidenten Jonathan abgeben. Jonathan darf zwar im Namen der Regierung handeln, kann aber nicht alle Kompetenzen des Präsidenten übernehmen. Kritiker sprechen bereits von einem führungslosen Staat.

Der Konflikt um die Präsidentenfrage geht aber über die Politik hinaus: Auf Obasanjo - ein Christ aus dem Süden - war mit Yar'Adua ein Muslim gefolgt. Im Norden gibt es jetzt großen Widerstand gegen einen möglichen Präsidenten Jonathan. Der Vize-Präsident ist Christ.

Autorin: Christine Harjes (afp,dpa,epd)

Redaktion: Katrin Ogunsade