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Weinbau in 27. Generation

Aarni Kuoppamäki7. November 2005

Fürsten, Prinzen, gute Weine und 750 Jahre Familiengeschichte – das alles kommt zusammen im Weingut Fürst zu Hohenlohe-Oehringen in Baden-Württemberg. Es ist das älteste Familienunternehmen Deutschlands.

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Im Öhringer Schlosskeller lagern Weine mit langer Tradition

Neun Meter führt die Treppe hinab in ein Kellergewölbe, das aussieht wie eine Tropfsteinhöhle. Am Fuß der Treppe liegt ein Fass, so groß wie eine Kutsche. Das Holz ist verziert mit Schnitzereien von Trauben und zwei Löwen, die einen Schild halten. Auf dem Schild prangt das Wappen der Adelsfamilie zu Hohenlohe-Oehringen. Dieser Familie sprach der König 1253 ein Lehen mit Weingut zu. Heute ist das Weingut Deutschlands ältestes Familienunternehmen, Erbprinz Kraft Constantin zu Hohenlohe-Oehringen ist Winzer in siebenundzwanzigster Generation.

Trotz aller Tradition hat sich der Weinbau in den Jahren verändert. "Den Wein von vor 750 Jahren möchte ich nicht trinken müssen", sagt der 42-Jährige. "Vieles kann man von Generation zu Generation weitergeben, aber viel wichtiger ist, dass man dazu lernt, was andere besser machen. Tradition ist etwas, das man sich leisten können muss".

Der fürstliche Wein kommt seit 1360 vom Verrenberg außerhalb Öhringens, einem von vielen Weinbergen im sanft hügeligen Württembergisch-Unterland. Bei einer Erbteilung entstand in Öhringen ein eigener Zweig der Adelsfamilie zu Hohenlohe, dem die Winzerei zufiel. Nachdem ein Fürst zu Hohenlohe-Oehringen eine Schlesierin mit reichen Gütern geheiratet hatte, zog die Familie 1838 ins heutige Polen und leitete das Weingut aus der Ferne. Erst der Zweite Weltkrieg zwang sie zur Rückkehr in das Öhringer Schloss mit dem Weinkeller. In den 1960er-Jahren verkaufte der Vater des Erbprinzen, der heute 72-jährige Fürst Kraft Hans Konrad, das Schloss an die Stadt Öhringen, die daraus ihr Rathaus machte. Aber die Schlosskellerei ist geblieben.

Ein neuer Anfang

Noch zu Beginn der 1970er-Jahre war der Weinbetrieb heruntergewirtschaftet und machte einen "mittelmäßigen bis schlechten Wein", erzählt Erbprinz Kraft Constantin. Sein Vater begann gemeinsam mit Kellermeister Siegfried Röll, den Betrieb auszubauen und investierte in neue Technik. "Er hat sich für die Qualitätsschiene entschieden und konsequent umgesetzt, was für Qualität zu machen war", sagt Kraft Constantin.

Für die Güte des Weins steht nach fast 30 Jahren noch immer Kellermeister Röll. Auf dreiundzwanzig Hektar baut er dreizehn Rebsorten an, doch 53 Prozent der Ernte sind Riesling. Denn Riesling-Wein verkauft sich im Ausland besonders gut und macht einen Großteil der deutschen Weinexporte aus, die als typisch deutscher Wein einen Gesamtumsatz von 430 Millionen pro Jahr erwirtschaften. "Wir haben Breitengrade, in denen eine Frucht und Säure zustande kommt, die man in wärmeren Ländern nicht fertig bringt", sagt Siegfried Röll. "Darum ist unser Riesling eine deutsche, eine württemberger, eine hohenloher Spezialität".

Lesen Sie im zweiten Teil, wie Lebensmittel-Discounter dem Familienunternehmen das Leben schwer machen.

Hauptexportländer für das Weingut Fürst zu Hohenlohe-Oehringen sind England, Belgien und die Niederlande. Doch so beliebt Riesling dort auch ist - im eigenen Land haben es die Produzenten von deutschem Edelwein schwer. Jede zweite Weinflasche wird in Deutschland von Lebensmittel- Discountern wie Aldi oder Lidl verkauft. Nur jede dritte kostet mehr als zwei Euro. Der Wein, den Röll produziert, kostet im Schnitt sieben Euro fünfzig. Der Kellermeister rechtfertigt den Preis mit dem steilen Hang des Weinbergs, der mit Maschinen nur schwer bearbeitet werden kann. "Das ist Handarbeit, sehr viel Handarbeit und sehr viel Pflege", sagt Röll, "und das kostet seinen Preis".

Wählerische Weinkenner

Den Preis zahlen nur wenige. Das fürstliche Weinangebot richtet sich an nur drei Prozent der Weintrinker. Drei Prozent, die bereit sind, für einen edlen Wein zwei, drei oder zehnmal soviel zu zahlen wie für einen Wein beim Discounter. Für den hohen Preis bekommt man aber auch einen besseren Wein, meint Röll. "Ein guter Wein ist wie ein guter Mensch", sagt er. "Der Wein muss zeigen, wo er herkommt, wo er wächst, aus welcher Gegend er kommt. Er kann Ecken und Kanten haben, darf aber nicht künstlich hergerichtet sein, und er muss gut schmecken."

Zweihunderttausend Flaschen jährlich produziert das Weingut Fürst zu Hohenlohe-Oehringen. Mehr als die Hälfte davon geht an Privatkunden. Die wollen umworben werden und wissen, wo ihr Wein herkommt. Deshalb machen die Mitarbeiter des Weinguts über 200 Pressetermine, Messen und Weinproben im Jahr, auf denen sie Kennern und allen, die es sein möchten, die Vor- und Nachteile ihres Weins erklären. "Das sind natürlich ziemlich Wein-verrückte Leute", sagt Erbprinz Kraft Constantin. "Die trinken jeden Tag eine Flasche. Die lesen Zeitschriften, essen gut und trinken dazu Wein. Bei diesen Leuten kann man wirklich von einer Weinkultur sprechen".

Diese Kultur trifft bei Deutschlands ältestem Familienunternehmen auf eine 750-jährige Tradition. Eine Tradition, auf der Kraft Constantin sich nicht ausruhen möchte: "Es kann nur weitere 750 Jahre geben, wenn wir wirtschaftlich erfolgreich sind. Dafür müssen wir mit der Zeit gehen und die Qualität und die Menge abliefern, die der Kunde von uns fordert". Der Erbprinz selbst hat zwar erst vor einem Jahr geheiratet und ist noch kinderlos. Um die Zukunft der Unternehmens-Dynastie sorgt er sich dennoch nicht. "Meine Schwester hat bereits drei Söhne, für Erben ist also zur Genüge gesorgt", sagt er.