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Wein zu Käsehäppchen verboten!

Eckhard Tollkühn3. Juni 2002

Die Washingtoner Stadtverwaltung macht wiedermal von sich reden. Und zwar als herzlose, humorlose und geldgierige Institution, die so manchen braven Bürger zur Weißglut bringt. Manchmal auch Eckhard Tollkühn.

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Abgesehen davon, dass der frühere Bürgermeister jahrelang gekokst hat, gilt die Stadtverwaltung Washingtons eher als steif und verfilzt, ein bürokratischer Moloch, der mit Argusaugen nach dem Geld der Bürger schielt.

Jetzt werden die Besitzer von Kunstgallerien ins Visier genommen.

Seit eh und je gehören Wein und Käsehäppchen in Amerika zu einer Vernissage, wie Pinsel und Palette zur Malerei. Eine kulturelle wie kulinarische Tradition, die unangefochten der Ewigkeit zuzustreben schien. Nicht so in Washington. Vor kurzem erhielten die 155 Galeriebesitzer Washingtons ein Schreiben der Alkoholkontrollbehörde, in dem die Gepflogenheit als höchst illegal gebrandmarkt und bei Zuwiderhandlung drakonische Strafen bis zum Freiheitsentzug angedroht wurden.

Für die Besitzer der Kunstgallerien ist klar: Da gibt es einen Bürokraten in der Stadtverwaltung, der nichts anderes macht, als nach neuen Steuerquellen fahnden. Nie war die Feinkost für Feingeister ein Problem. Jetzt plötzlich wird eine Alkoholausschank-Lizenz verlangt. Einhundert Dollar pro Monat soll sie kosten. Die Galeristen laufen Sturm: "Soviel geben wir nicht mal für den Wein aus, den wir unseren Gästen kredenzen, die auf private Einladung erscheinen und den Wein in einer geschlossenen Gesellschaft trinken", schimpft Margery Goldberg, Besitzerin der Zenith Galerie.

Doch die Alkoholkontrollbehörde bleibt unbarmherzig. Als ein Galerist von der Behörde wissen wollte, was passieren würde, wenn er heuteabend bei der schon geplanten Ausstellung Wein auschenkte, kam die lapidare Antwort, er solle sich schnell einen Anwalt nemhen. Empört sind die Galeriebesitzer vor allem darüber, dass die großen Museen, wie die National Gallery of Art von diesen Alkoholbestimmungen ausgenommen sind. Washington zeigt sich für die Kulturmacher der Stadt wieder einmal von der hinterwäldlerischen Seite. "Wein und Käse geben dem Abend eine gewisse Eleganz. Die beiden Dinge gehören einfach zur Kultur der Kunstausstellungen." sagt Alla Rogers, Präsident der Galeriebesitzer – und fügt hinzu, "der Alkohohl läßt die Besucher auch bereitwilliger in die Brieftasche greifen."

Der Kulturbetrieb in Washington wird weitergehen. Aber wiedermal haben die Spielverderber gewonnen. Was wäre das Ski fahren ohne Apres-Ski, Kino ohne Pop-Corn, Fussball ohne Bier. Der Wein ist gestrichen, Washington zur reinen Käsekultur verdammt.