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Bundesbank: EZB soll "Fuß vom Gas" nehmen

6. Juli 2017

Bundesbank-Chef Jens Weidmann fordert eine allmähliche Abkehr von der Politik des billigen Geldes und ein Ende des milliardenschweren Anleihenkaufprogramms der Europäischen Zentralbank.

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Deutschland Jens Weidmann
Bild: picture alliance/dpa/B. Roessler

Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte aus Sicht von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann allmählich eine Abkehr von ihrer ultralockeren Ausrichtung ins Auge fassen. Der sich festigende Aufschwung im Währungsraum liefere dazu die Grundlage, wie Weidmann auf einer Veranstaltung in Wien laut Redetext sagte. "Die andauernde Wirtschaftserholung öffnet nun die Perspektive für eine geldpolitische Normalisierung," sagte der Bundesbank-Chef. Eine abrupte Abkehr von der Politik der großen Geldschwemme schwebt ihm dabei nicht vor. "Dabei geht es nicht um eine Vollbremsung, sondern darum, den Fuß etwas vom Gas zu nehmen. Zeitpunkt und Tempo der geldpolitischen Normalisierung hängen davon ab, inwieweit der Preisanstieg nachhaltig und selbsttragend ist."

Noch hält auch der Bundesbank-Präsident einen expansiven geldpolitischen Kurs der Euro-Notenbank für angemessen. "Um die wirtschaftliche Erholung und damit den Preisauftrieb im Euroraum zu stützen", begründete er. Über den Stärkegrad des expansiven Kurses und die Wahl der geldpolitischen Mittel gebe es aber unterschiedliche Sichtweisen. Derzeit liegt der Leitzins im Euroraum bei null Prozent. Für die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik sei es aber "entscheidend, dass die expansive Geldpolitik beendet wird, wenn dies aus Sicht der Preisstabilität notwendig ist", sagte der Bundesbank-Chef.

Weidmann erneuert Kritik an EZB-Anleihenkaufprogramm

Mit viel billigem Geld versucht die Europäische Zentralbank (EZB) unter ihrem Chef Mario Draghi seit Jahren, der Konjunktur im Euroraum auf die Sprünge zu helfen und zugleich die Teuerung anzuheizen. Angestrebt wird Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent - weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben - das würde die Konjunktur abwürgen. Nach bisherigen Plänen will die EZB bis mindestens Ende 2017 an ihrem milliardenschweren Kaufprogramm für Staats- und Unternehmensanleihen festhalten. Erst danach ist mit steigenden Zinsen zu rechnen.

Geldsegen: EZB verlängert Anleihen-Kaufprogramm

Weidmann erneuerte in diesem Zusammenhang seine Kritik an den Staatsanleihen-Käufen. Für ihn stellen diese ein reines Notfall-Instrument dar zur Abwehr einer gefährlichen Preisspirale nach unten - in der Fachwelt Deflation genannt. "Die Deflationsbefürchtungen habe ich aber schon in der Vergangenheit für übertrieben gehalten", so der Bundesbank-Chef.

Allerdings rechnet Weidmann wegen der rückläufigen Ölpreise nicht mit einem stärkeren Anziehen der Verbraucherpreise dieses Jahr. "Deshalb werden die Inflationsraten zum Jahresende wohl wieder etwas niedriger ausfallen", schätzt er. Noch immer sei zudem der binnenwirtschaftliche Preisdruck niedrig. Im Juni waren die Verbraucherpreise lediglich um 1,3 Prozent gestiegen. Das ist der bislang niedrigste Wert in diesem Jahr und weit entfernt vom EZB-Ziel von knapp unter zwei Prozent Inflation.

Anleihen-Renditen steigen

An den Aktienmärkten sorgen die Spekulationen über eine straffere Geldpolitik in Europa seit mehr als einer Woche für Verkaufsdruck bei Aktien. Auf die Stimmung drückte am Donnerstag vor allem, dass die Rendite deutscher Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit erstmals seit Januar 2016 über 0,5 Prozent geklettert ist. Bereits seit gut einer Woche legt die Verzinsung von Bundesanleihen im Handel fast kontinuierlich zu, was im Gegenzug die Attraktivität von Aktien gegenüber festverzinslichen Wertpapieren verringert. 

tko/gri (rtr, dpa)