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Weidmann contra EZB

26. August 2012

Die Bundesbank-Spitze geht auf Distanz zu EZB-Präsident Mario Draghi. Bundesbank-Chef Jens Weidmann hält nichts von Plänen für ein neues Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank.

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Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann. Foto: dapd
Bild: dapd

"Eine solche Politik ist für mich zu nah an einer Staatsfinanzierung durch die Notenpresse", sagte Weidmann dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Der Chef der Bundesbank befindet: "In Demokratien sollten über eine so umfassende Vergemeinschaftung von Risiken die Parlamente entscheiden und nicht die Zentralbanken." Letztlich stünden dafür die Steuerzahler aller Länder gerade. Die grundlegenden Probleme würden auf diese Weise nicht gelöst.

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Vielmehr würde der Geldsegen der Zentralbanken anhaltende Begehrlichkeiten wecken, erklärte der frühere Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Wir sollten die Gefahr nicht unterschätzen, dass Notenbankfinanzierung süchtig machen kann wie eine Droge", warnte er.

Unabhängigkeit in Gefahr

Weidmann sieht außerdem die Unabhängigkeit der EZB in Gefahr. Auf den zweiten Blick falle auf, dass es bei den Plänen "auf abgestimmte Aktionen der staatlichen Rettungsschirme und der Notenbank hinausläuft. Dadurch entsteht eine Verknüpfung von Fiskal- und Geldpolitik".

Der Chef der Bundesbank geht damit ein weiteres Mal auf Distanz zu EZB-Präsident Mario Draghi. Der Italiener Draghi hatte zuletzt immer wieder betont, dass der Euro um nahezu jeden Preis erhalten werden solle. Zu diesem Paket gehört wohl auch der weitere Anleihekauf.

EZB-Präsident Mario Draghi. Foto: AP)
EZB-Chef Mario DraghiBild: ap

"Kein weiterer Vertrauensschaden"

Der Bundesbank-Präsident warnte hingegen auch davor, die EZB zu verpflichten, "den Verbleib von Mitgliedsländern in der Euro-Zone um jeden Preis zu garantieren". Bei der Entscheidung über einen möglichen Austritt Griechenlands müsse "sicherlich auch eine Rolle spielen, dass kein weiterer Vertrauensschaden am Rahmenwerk der Währungsunion entsteht, und die wirtschaftspolitischen Auflagen der Hilfsprogramme ihre Glaubwürdigkeit behalten".

Wie "Der Spiegel" weiter berichtet, dringt Bundeskanzlerin Merkel angesichts der Unsicherheiten und Gefahren wegen der unterschiedlichen Entwicklung der Staatshaushalte im Euro-Raum auf eine stärkere europäische Integration. Noch vor Jahresende sollten die Staats- und Regierungschefs einen Konvent beschließen. Ziel sei die Verabschiedung eines neuen EU-Vertrages. Dies stößt aber bislang bei den anderen EU-Staaten mehrheitlich auf Ablehnung.

Was übrigens die Kritik von Bundesbank-Chef Weidmann angeht, so dürfte sich der Deutsche künftig im Direktorium der Europäischen Zentralbank einem deutschen Widersacher ausgesetzt sehen. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtet in einem großen Porträt über das EZB-Mitglied Jörg Asmussen, der früher als enger Vertrauter von Bundesbank-Chef Weidmann galt. Nun mache Asmussen sich innerhalb der EZB-Gremien für weitere Anleihekäufe stark, mit wohlwollender Unterstützung der Kanzlerin, schreibt die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". So entsteht der Eindruck, die Bundesbank könnte demnächst auf europäischer Ebene auf verlorenem Posten dastehen.

Jörg Asmussen, Chefvolkswirt im Direktorium der Europäischen Zentralbank. Foto: dapd
Jörg Asmussen, EZB-MitgliedBild: dapd

ml/qu (dpa, dapd, rtr)