1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wege aus der Armut

30. Juli 2009

Armut ist ein Zustand, dem nur wenige Menschen nicht entfliehen wollen. Oft aber sind es festgefahrene Strukturen, die den Menschen in der Armut festhalten. Wir zeigen fünf erfolgreiche Wege, die aus der Armut führen.

https://p.dw.com/p/IEUu
Transfair Produzenten Rosenfarm Flash-Galerie
Bild: Transfair.org

Zwei Milliarden Menschen leben buchstäblich von der Hand in den Mund. Sie sind Kleinbauern und ihre Lebensverhältnisse in Asien, Afrika und Lateinamerika haben sich in der Wirtschaftskrise noch verschlechtert. Denn viele Entwicklungsländer investieren immer weniger in den Ausbau des landwirtschaftlichen Sektors. Für mehr Gerechtigkeit, bessere Lebens- und Produktionsbedingungen und für einen nachhaltigen Anbau wollen Handelsorganisationen wie Transfair sorgen. Sie bieten Kleinbauern einen verlässlichen Preis für ihre Produkte an, der generell über Weltmarktpreisen liegt. Zudem geben Experten Tipps beim biodynamischen Anbau und zeigen den Kleinbauern neue Absatzwege auf.

Fairer Handel
Bild: picture-alliance/ dpa

Der Verbraucher in Deutschland weiß das zu schätzen: Der Umsatz mit zum Beispiel Kaffee, Bananen, Tee, Rosen und Schokolade wuchs 2008 auf 213 Millionen Euro – 50 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Das liegt auch an der wachsenden politischen Akzeptanz. So können Kommunen sich seit Anfang des Jahres um den Titel: Fairtrade-Town bewerben, wenn sie in den öffentlichen Einrichtungen Fairtrade-Produkte verwenden. Eine hat es schon geschafft: Die Landeshauptstadt Saarbrücken.

Desertec Projekt Karte in Afrika Wüste Photovoltaik
Bild: DESERTEC

400 Milliarden Euro sind selbst für 20 große internationale Unternehmen kein Pappenstiel. Doch soviel Geld wollen unter anderem Energieversorger, Banken und Technologiekonzerne in das weltweit größte Solarstrom-Projekt „Desertec“ investieren. Innerhalb der nächsten zehn Jahre sollen Solar-Kraftwerke in den Wüsten Afrikas entstehen, mit denen deutsche Haushalte mit grüner Energie versorgt werden. Davon profitieren Verbraucher, Verkäufer und Entwicklungsländer, letztere über den Verkauf oder die Verpachtung von Gelände oder die Beteiligungen an den Projekten.

Andasol in Spanien Solarenergie
Bild: Solar Millenium

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt „TREC“ – ein Projekt, das von der Hamburg Climate Protection Foundation, dem Club of Rome und Fachleuten aus Afrika und dem Nahen Osten verfolgt wird. Solar- und Windkraftenergie sollen in einem Kontinente umspannenden Leitungsnetz gebündelt und an Haushalte in Europa, Nord-Afrika und dem Nahen Osten geliefert werden. Außerdem lassen sich mit Thermoenergie Entsalzungsanlagen betreiben und der Bau neuer Kraftwerke schafft Arbeitsplätze. Bislang haben Entwicklungsländer das „grüne Potential“ kaum ausgeschöpft: Zum einen ist der Ausbau nationaler Stromnetze sehr teuer, zum anderen fehlt oft der politische Wille für die Schaffung grenzübergreifender Angebote.

Social Business in Afrika Shea Butter Verkauf Flash-Galerie
Bild: picture-alliance/ dpa

Social business“ ist der wohl heißeste Trend unter Weltverbesserern. Damit wird ein Geschäftsmodell bezeichnet, dessen Priorität nicht in der berüchtigten Gewinn-Maximierung besteht, sondern in der Maximierung von Nutzen. Für die Verbraucher, etwa indem bezahlbare und sinnvolle Produkte wie beschichtete Moskitonetze hergestellt werden. Und für die Produzenten, die in einem nicht ausbeuterischen Umfeld arbeiten. Wenn etwa die Berliner Noah-Foundation ein Heim für ledige Mütter in Madagaskar errichtet, dann funktioniert die Einrichtung wie ein Unternehmen. Die Mütter lernen gärtnern, backen und Buchhaltung und sorgen über den Verkauf von Backwaren an Hotelketten selber für ihren Lebensunterhalt. Dabei sollen diese Projekte nicht den freien Markt ablösen sondern ergänzen.

Danone Joghurt Flash-Galerie
Bild: picture-alliance/ dpa

Aber auch auf Konzernebene wurde der (Image-)Vorteil des „social business“ erkannt. So investiert der französische Lebensmittel-Gigant Danone in soziale Unternehmen in Bangladesh. In Berlin gibt es bereits einen „Think-Tank“ für „social business“ – das Genisis-Institut. Und vom Wintersemester 2009/2010 an kann man sogar studieren, wie die Welt zu retten ist: Mit einem Masterstudiengang an der Humboldt-Viadrina School in Berlin.

Kleinhandel in Entwicklungsländern Vietnam
Bild: AP

Banken können die Welt retten? Ja. Zumindest wenn sie, wie die Grameen-Bank aus Bangladesh, nicht zu allererst an den Gewinn bei der Vergabe von Krediten denken. Mit Mikrokrediten hat das Institut von Friedensnobelpreisträger Mohammed Yunus (Bild)zigtausenden Mini-Unternehmen auf die Beine gestellt und ihnen in den Markt geholfen. Als Mikrokredit gelten Summen bis maximal etwa eintausend US-Dollar. Dieses Geld bekommen Unternehmer und in der Mehrheit Unternehmerinnen in Entwicklungsländern, die von diesem Geld ein Geschäft aufbauen oder erweitern wollen. Das können Marktbeschicker, Fischer, Kleinproduzenten oder Dienstleister sein – Unternehmer, die von heimischen oder internationalen Großbanken bislang nicht als kreditwürdig angesehen wurden. Bislang. Denn die Rückzahlungsquote dieser Kreditgeschäfte liegt mit 98 Prozent weit über dem Durchschnitt. Die Zinsen sind mit im Schnitt 20 Prozent im Jahr hoch – doch nicht selten verlangen lokale Geldhaie denselben Satz im Monat.

Mohammad Yunus Flash-Galerie
Bild: AP

Und der weltweite Bedarf ist enorm: Auf bis zu 400 Milliarden US-Dollar schätzt die Grameen-Bank das Nachfrage-Potential. Jetzt steigen sogar internationale Fonds-Giganten mit eigens aufgelegten Mikrokreditfonds in den Markt ein – und verwässern mit diesem Profitstreben den Grundgedanken eines sozialen Finanzwesens. Dennoch ist die Idee des Mikrokredits weltweit erfolgreich – auch in Deutschland. In Bielefeld bietet ein Mikrofinanzfonds Kredite für Arbeitslose, die mit einer guten Geschäftsidee eine Existenz gründen wollen. Ganz nach dem Vorbild von Mikrokredit-Erfinder Mohammad Yunus aus Bangladesh.

Waffen Symbolbild Flash-Galerie
Bild: AP

Der Übergang von Kriegs- in Friedensgesellschaften hat einen Namen: DDR. Disarmament, Demobilization, Reintegration – Entwaffnung, Demobilisierung, Wiedereingliederung. Ein Konzept der UNO, um den Kämpfern zum Beispiel in ehemaligen Bürgerkriegsländern wie Sierra Leone ein Leben in einer Friedensgesellschaft zu ermöglichen. Geben die Kämpfer ihre Waffen ab, erhalten sie dafür eine bestimmte Summe, oft 100 bis 250 US-Dollar. Anschließend werden sie in ihre Dörfer zurück gebracht. Dort beginnt dann häufig eine berufliche Ausbildung, der sich eine psychologische Bertreuung anschließt und als Ergebnis sollen aus Kämpfern Mitglieder der Zivilgesellschaft werden. Das klappt nicht immer, auch weil die Frage von Schuld und Sühne so nicht geklärt wird.

Dorfgericht in Ruanda Gacaca
Bild: AP

In einigen Ländern, wie Uganda oder Burundi, werden deshalb traditionelle, lokale Gerichtshöfe eingeschaltet. In prozess-ähnlichen Zeremonien wird dabei eher auf Versöhnung als Bestrafung Wert gelegt, wenn zum Beispiel Täter und Opfer gemeinsam aus einer Schale trinken. Um zu erkennen, ob ein Land auf dem Weg in eine friedlichere Zukunft ist, hat das Bonner Zentrum für Konversion den Globalen Militarisierungsindex GMI entwickelt. Darin wird die Gesamtzahl militärischer Kräfte eines Landes der Zahl seiner Ärzte gegenübergestellt. Ein Beispiel dafür ist Eritrea, das nach diesen Kriterien das am stärksten militarisierte Land der Welt ist und mehr als 20 Prozent seines Bruttosozialproduktes für die Streitkräfte aufwendet – und nur 3,7 Prozent für die öffentliche Gesundheitsversorgung.

Autor: Dirk Bathe

Redaktion: Birgit Becker